- Aktuelles
- Newsletter
- Newsletter Mai 2019 | Nr. 177
- Depressionen – was bringen Online-Therapien?
Depressionen – was bringen Online-Therapien?
Psychotherapien, wie die kognitive Verhaltenstherapie, finden üblicherweise in einem face-to-face Setting zwischen PsychotherapeutInnen und PatientInnen statt. Internet-gestützte Verfahren ermöglichen alternative Setting-Formen und sollen PatientInnen den Zugang zu effektiven Therapien erleichtern. Dies gilt v.a. für Länder (wie Kanada), wo PatientInnen, aufgrund der geographischen Gegebenheiten, oftmals große Distanzen zu Versorgungseinheiten zurücklegen müssen. Die klinische und ökonomische Evidenzlage von iCBT (Internet-gestützte Verhaltenstherapien) standen im Mittelpunkt eines kürzlich publizierten Forschungsberichts. CADTH, die kanadische Agentur für Arzneimittel und Technologien, und Health Quality Ontario (HQO) verfolgten mit diesem Assessment das Ziel, Handlungsempfehlungen für kanadische EntscheidungsträgerInnen im Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen. Dabei ging es um die Evaluation von mehreren iCBT-Aspekten, die bei Behandlungen von depressiven Störungsbildern und Angsterkrankungen eine Rolle spielen. Mit unterschiedliche HTA-Methoden (wie „overview of systematic reviews, „rapid reviews“), qualitativen Erhebungen und ökonomische Analysen wurden die klinische Wirksamkeit, Sicherheit und Kosteneffektivität von iCBT, PatientInnen-Perspektiven und -Erfahrungen sowie ethische Faktoren erhoben. Die Evidenzbewertung und die Formulierung von Handlungsempfehlungen erfolgte im Rahmen des „CADTH Health Technology Expert Review Panels (HTERP)“.
Folglich zeigte sich im Vergleich zu den Kontrollgruppen (PatientInnen auf Wartelisten), dass es zu einer Symptomverbesserung bei PatientInnen mit einer milden bzw. moderaten Depression bzw. mit Angsterkrankungen kam. Zudem stellten sich vergleichsweise größere Effekte hinsichtlich der PatientInnen-bezogenen Lebensqualität, der Behandlungszufriedenheit sowie der allgemeinen Remissions- bzw. Genesungsraten ein. Unklar bleibt die Frage nach einer Überlegenheit von iCBT gegenüber face-to-face Verhaltenstherapien (im Einzel- oder Gruppensetting). Zudem fanden sich in den eingeschlossenen Studien keine Endpunkte bezüglich der Sicherheit von iCBT. Kosteneffektivität von Internet-gestützten Verhaltenstherapien konnte gegenüber Standardbehandlungen für den Zeitraum von 1 Jahr festgestellt werden; keine Aussagen sind für einen längeren Zeitraum möglich. PatientInnen schätzten v.a. die zeitliche Flexibilität und räumliche Unabhängigkeit, die sich durch das Online-Setting ergaben. Herausforderungen wurden v.a. im Hinblick auf veränderte Interaktionsabläufe (etwa hinsichtlich der Etablierung von Therapieallianzen) zwischen TherapeutInnen und PatientInnen identifiziert.
Zusammenfassend wird iCBT für die Behandlung von erwachsenen PatientInnen mit leicht- bis mittelgradigen Depressionen bzw. Angsterkrankungen empfohlen. PatientInnen sollen bei iCBT von PsychotherapeutInnen begleitet werden, um individuelle Behandlungsbedürfnisse berücksichtigen zu können. Zudem sollen iCBT- Angebote ein breites Spektrum an Programmoptionen bieten, um ausreichend auf die gesellschaftlichen und kulturellen Hintergründe der PatientInnen Bedacht zu nehmen. Eine Integration von iCBT in den klinischen Versorgungskontext wird von den AutorInnen angeregt, um langfristig weitere Evaluationsergebnisse zu erzielen. RW
CADTH/ CA 2019: Internet-Delivered Cognitive Behavioural Therapy for Major Depressive Disorder and Anxiety Disorders: A Health Technology Assessment. https://www.cadth.ca/internet-delivered-cognitive-behavioural-therapy-major-depressive-disorder-and-anxiety-disorders