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- Newsletter April 2017 | Nr. 156
- Big Data zur Stärkung der Gesundheitsversorgung: Widerspruch oder Mehrwehrt?
Big Data zur Stärkung der Gesundheitsversorgung: Widerspruch oder Mehrwehrt?
Die Gesundheit Österreich GmbH hat dazu im Dezember 2016 im Auftrag der EU-Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Studie zu „Big Data in Public Health, Telemedine and Healthcare“ [2] erstellt. Als einer der ersten Schritte wurde gemeinsam mit der EU und mit ExpertInnen aus den Gebieten Gesundheitspolitik, Verwaltung, Gesundheitsdienste-Anbieter, IT, PatientInnen, Telemedizin, Industrie und Wissenschaft folgende Arbeitsdefinition erarbeitet: „Im Bereich Gesundheit bezieht sich “Big Data” auf die elektronische Sammlung, Speicherung und Auswertung umfangreicher (Routine-)Gesundheitsdaten und -informationen. Diese Daten müssen mehreren Zwecken dienen und mehrfach verwendbar sein. Die Zweckbestimmung ist Datenaustausch und -analyse zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung und zur Steigerung der Effektivität („Performance“) des Gesundheitssystems.“ Daten, die für eine einzige, wenn auch multizentrische (klinische) Studie gesammelt werden, fallen nicht unter diese Definition.
Basierend auf dieser Definition wurden in der Studie zehn „Gute Praxis“-Beispiele aus verschiedenen EU-Ländern vorgestellt und im Anschluss mit einem Delphi-Verfahren an die Politik gerichtete Empfehlungen erarbeitet.
Die zehn Beispiele sind (ohne Reihung):
- „Shared Care“ IT-Plattform für Chronische Erkrankte (Dänemark)
- HES – Hospital Episode Statistics (England)
- E-Estonia – Nationales Identifizierungssystem inkl. elektronischer Gesundheitsakte und elektronischer Verordnungen (Estland)
- CEPHOS-LINK - Comparative Effectiveness Research on Psychiatric Hospitalisation by Record Linkage of Large Administrative Data Sets (Finnland, Italien, Norwegen, Österreich, Rumänien, Slowenien)
- ARNO Observatory, ein Netzwerksystem für epidemiologische und ökonomisch vergleichende, regionalübergreifende Forschung im Gesundheitssystem (Italien)
- PASSI - Progressi delle Aziende Sanitarie, ein Surveillance-System für gesundheitliches Risikoverhalten mit dem Zweck der Prävention (Italien)
- Comet K-Projekt DEXHELPP (Österreich)
- SpainRDR – Netzwerk der Register für Seltene Erkrankungen (Spanien)
- The YODA Project – Offener Datenzugang der Universität Yale (USA)
- OncologyCloud Platform von Flatiron (USA)
Die abgeleiteten Empfehlungen betrafen die folgenden Elemente: 1.) Bewusstsein bei der Bevölkerung und bei der Politik für die Chancen und Gefahren von Big Data im Bereich Gesundheit schaffen, 2.) Ausbildung und Training, 3.) Datenquellen und elektronische Gesundheitsakte, 4) Informationsaustausch, 5.) Anwendungsmöglichkeiten (Applikationen), 6.) Datenanalyse, 7.) Governance, 8.) Technische Standards und Normen, 9.) Finanzierung und Fördermöglichkeiten und 10.) rechtliche Aspekte und Datenschutz.
Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen war, dass die öffentliche Hand verstärkt in die Kommunikation zum Thema Big Data einsteigen sollte, um eine einseitige, oft anbietergetriebene und dadurch eventuell „gebiaste“ Darstellung der Potentiale entsprechend auszugleichen. Es wurde auch festgestellt, dass es im Bereich der kritischen Datenanalyse da und dort an qualifiziertem Personal mangelt, da der Fokus derzeit auf Datensammlung liegt.
Mag. Claudia Habl, stv. Abteilungsleiterin Gesundheitsökonomie, Gesundheit Österreich GmbH
[1] Draft Council conclusions on open, data-intensive and networked research as a driver for faster and wider innovation. The Council of the European Union 2015. http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8970-2015-INIT/en/pdf
[2] Study on Big Data in Public Health, Telemedicine and Healthcare. European Commission, Directorate-General for Health and Food Safety 2016. https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/ehealth/docs/bigdata_report_en.pdf