Bürger*innen haben ein Recht auf umfassende Information: Dies gilt insbesondere für das Gesundheitswesen, da dieses durch solidarisch aufgebrachte Mittel finanziert wird. Steuer- und Beitragszahler*innen müssen wissen dürfen, wie ihre Steuergelder und Beiträge verwendet werden, wie gut und gerecht ihre Versorgung ist und auf Basis welcher Empfehlungen gesundheitspolitische Entscheidungen getroffen werden. Das Offenlegen der Ergebnisse von klinischen Studien entspricht internationalen ethischen Standards und ist eine unverzichtbare Voraussetzung zur Überprüfung der Effektivität und Sicherheit von Therapien. Neben den demokratiepolitischen Aspekten hat Informationstransparenz auch einen korruptionspräventiven Charakter: Nur durch umfassende Information können Entscheidungen in Politik und Verwaltung nachvollziehbar gemacht und Unregelmäßigkeiten aufgezeigt werden. Dies fördert die Wirtschaftlichkeit ebenso wie die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und stärkt damit das Vertrauen der Bürger*innen in den Staat und andere öffentliche Institutionen. Das TI-AT Papier legt folgende Empfehlungen vor, um die Transparenz im österreichischen Gesundheitssystem zu fördern, die Informationsrechte der Steuer- und Beitragszahler*innen zu stärken, Korruption zu unterbinden und die Arbeit von Wissenschaftler*innen zu erleichtern:
Korruption, Bestechung und „Freunderlwirtschaft“ sind dieser Tage Thema in allen Medien. Transparenz gilt als Mittel der Wahl gegen ebendiese.
Priv.-Doz. Dr. Claudia Wild, Geschäftsführerin der HTA Austria – AIHTA GmbH
Referenzen:
Regierungsprogramm 2020-2024: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/die-bundesregierung/regierungsdokumente.html.
Transparency International - Austrian Chapter (TI-AT): https://ti-austria.at/wp-content/uploads/2023/01/Informationstransparenz-im-Gesundheitswesen_Maerz_2022-002.pdf.
Für den Scoping Review wurden mehrere Datenbanken und Webseiten von verschiedenen Institutionen (z. B. Gesundheitsministerien) durchsucht und Expert*innen bzgl. relevanter Dokumente konsultiert. Es wurden englisch- und deutschsprachige evidenzbasierte Leitlinien und Dokumente, die regionale oder nationale Versorgungsmodelle beschreiben und mehrere Aspekte der Versorgung (z.B. Prävention, Früherkennung, Behandlung) berücksichtigen, eingeschlossen. Der Fokus lag dabei auf europäischen Ländern, zusätzlich wurden auch Dokumente aus Kanada und Australien berücksichtigt. Für die Analyse konnten sechs Dokumente eingeschlossen werden: zwei evidenzbasierte Leitlinien (Vereinigtes Königreich (UK), Australien) sowie vier Dokumente, die Versorgungsmodelle für einen nationalen (UK, Irland) oder regionalen (Kanada/Ontario, Australien/Western Australia) Kontext beschreiben. Zusammenfassend sollte ein idealtypisches Versorgungsmodell – auf Basis der identifizierten Dokumente – evidenzbasiert, bedürfnisorientiert, personenzentriert und gleichberechtigt sein. Es sollte multiprofessionelle, koordinierte Netzwerke umfassen, Maßnahmen der Primärprävention, Beratung und Früherkennung beinhalten, sowie klar definierte Überweisungswege und abgestufte Betreuungskonzepte aufweisen. Eine angemessene, evidenzbasierte Behandlung sollte zeitnah verfügbar sein. Ein idealtypisches Versorgungsmodell sollte neben der psychischen Gesundheit der Mutter auch die des Kindes und des Vaters/Partner*in sowie die Eltern-Kind-Beziehung berücksichtigen, und Erfahrungsexpert*innen miteinbeziehen. Eine entsprechende Evaluierung sollte von Beginn an eingeplant werden.
Der Scoping Review bietet einen umfassenden Überblick über internationale Good-Practice-Modelle für peripartale psychische Gesundheit. Er wurde im Rahmen des vom FWF finanzierten Forschungsprojekts "Co-designing perinatal mental health support in Tyrol" erstellt, das von der Medizinischen Universität Innsbruck geleitet wird, und bei dem das AIHTA als Partner beteiligt ist. Die Ergebnisse dienen u.a. als Grundlage für die partizipative Entwicklung einer Unterstützungsmaßnahme im Rahmen des oben genannten FWF-Projekts, die dann in weiterer Folge in Tirol umgesetzt und evaluiert wird. IR
AIHTA/ AT 2022: Modelle zur Prävention und Versorgung peripartaler psychischer Erkrankungen. HTA-Projektbericht 148. https://eprints.aihta.at/1420/.
Die Autor*innen beleuchteten das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln: von wissenschaftlicher Seite, aus rechtlicher Sicht und aus Patient*innen- und Fachkräfteperspektive. Der Bericht konstatiert, dass keine einheitliche Terminologie und Definition der Entscheidungsfähigkeit existiert: In der Literatur finden sich diesbezüglich unterschiedliche Ansätze, die von einem ausschließlich kognitiven bis hin zu einem ausschließlich nicht-kognitiven Ansatz reichen. Die Autor*innen empfehlen, dass ein Übergang von der stellvertretenden Entscheidungsfindung zur unterstützten Entscheidungsfindung stattfinden sollte. D.h. Entscheidungen, die sich auf die Gesundheit und Pflege der Betroffenen auswirken, sollten von Betroffenen so weit wie möglich selbständig getroffen werden. Außerdem sollte sozial isolierten Personen im gesamten Prozess der Entscheidungsfindung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Allerdings ist es für Pflegekräfte manchmal schwierig zu beurteilen, ob eine betroffene Person in der Lage ist, eine medizinische Entscheidung zu treffen: Aus diesem Grund ist es notwendig, sowohl Patient*innen als auch Pflegekräfte in diesen Fragen zu schulen. Initiativen, die den Patient*innen helfen, ihre Präferenzen und Wünsche im Voraus zu äußern, spielen in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle. Darüber hinaus können Unterstützungsmaßnahmen nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn organisatorische und finanzielle Grundvoraussetzungen erfüllt sind, wie z. B. die adäquate Aufteilung der Arbeitsbelastung und der zahlreichen Verantwortlichkeiten inklusive fairer Entlohnung, ausreichend Zeit für die verschiedenen Arbeitsschritte und die Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit ohne finanziellen Druck. Zudem sollte die unterstützte Entscheidungsfindung in einen kohärenten Rechtsrahmen eingebettet werden, der sowohl für Patient*innen als auch Fachkräfte Rechtssicherheit gewährleistet. CS
KCE/ BE 2022: Assessment and support of decisional capacity in persons with dementia or mental health problems. KCE Reports 349. https://kce.fgov.be/en/assessment-and-support-of-decisional-capacity-in-persons-with-dementia-or-mental-health-problems.
Die systematische Übersichtsarbeit (basierend auf acht randomisierten Kontrollstudien/ RCTs) identifizierte sieben nicht-medikamentöse und medikamentöse Therapieoptionen für ME/CFS-Patient*innen, darunter die kognitive Verhaltenstherapie, die Graded Exercise Therapy (Aktivierungstherapie), Selbstmanagement, Lightning Process, Vitamin D, Valganciclovir und Rituximab. Jeweils zwei randomisierte Kontrollstudien deuteten auf einen Zusatznutzen der kognitiven Verhaltenstherapie und der Aktivierungstherapie im Vergleich zur fachärztlichen Standardversorgung bei Patient*innen mit leichtem bis moderatem ME/CFS-Schweregrad für einen kurz- bis mittelfristigen Zeitraum hin. In Bezug auf die kognitive Verhaltenstherapie wurden größere Effekte hinsichtlich der Fatigue, der sozialen Teilhabe und des Krankheitsgefühls nach Anstrengung berichtet, während die Aktivierungstherapie vor allem bezüglich der beiden Endpunkte, allgemeines Beschwerdebild und Krankheitsgefühl nach Anstrengung, Vorteile gegenüber der Standardtherapie ergab. Für einen Zeitraum von mehr als 15 Monaten und für Patient*innen mit höherem ME/CFS-Schweregrad konnten keine Nutzenaussagen getroffen werden. Für beide Therapieformen gilt, dass die Entscheidung für oder gegen eine Therapie gemeinsam von den Ärzt*innen/Therapeut*innen und den Patient*innen unter Berücksichtigung der individuellen Krankheitssituation getroffen werden sollte. Zudem wird empfohlen, dass die Behandlung von ME/CFS nur von ärztlichen oder therapeutischen Fachkräften durchgeführt werden sollte, die ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit dem Krankheitsbild haben.
Die Diagnosestellung von ME/CFS wird insbesondere durch die verschiedenen Symptome und das Fehlen von etablierten Biomarkern erschwert. Eine Abgrenzung zu anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen ist zudem nicht immer eindeutig. Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa 70.000 Erwachsene betroffen. Ein weiterer Anstieg ist infolge der SARS-CoV-2-Epidemie zu erwarten, da Post-Covid Patient*innen teilweise die ME/CFS-Diagnosekriterien erfüllen. SW
IQWiG/DE 2022: Myalgische Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS): aktueller Kenntnisstand. Vorbericht. Oktober 2022. https://www.iqwig.de/projekte/n21-01.html.
In beiden Verfahren wird mittels Zement, der in den gebrochenen Wirbelkörper eingebracht wird, die Wirbelsäule stabilisiert. PVP und PBK sind v.a. für Personen mit schmerzhaften Wirbelbrüchen, die auf eine konservative Behandlung nicht ansprechen, für ältere Erwachsene ohne Operationsmöglichkeit, bei Brüchen aufgrund von Osteolyse, Tumorinvasion sowie Osteonekrosen vorgesehen. Zudem sollen sie das Risiko von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit längerer Bettruhe oder bestimmten Medikamenten (nicht-steroidale Antirheumatika und Opioide) verringern. Zu den Risiken zählen v.a. Zementaustritt und Wirbelbrüche in der Umgebung. Die Sicherheit und klinische Wirksamkeit der PVP wurde in 12 RCTs (Qualität: hoch-mittel), zwei nicht-RCTs und 15 einarmigen Studien (Qualität: mittel-gering) sowie 2 Registeranalysen untersucht. Für die Analyse der PBK wurden Vier RCTs (Qualität: hoch-mittel), vier nicht-RCTS und sechs einarmige Studien (Qualität: mittel-gering) sowie zwei Registeranalysen eingeschlossen.
Für beide Verfahren konnte eine kurzfristige statistisch signifikante Reduktion der Schmerzen beobachtet werden. Nach 12 Monaten waren jedoch die Ergebnisse nicht mehr klinisch relevant (minimal important differences/ MCID). Bei Frakturen, die jünger als acht Wochen waren, wurden statistische signifikante Unterschiede bei Schmerzen (bis zu 12 Monaten) und EQ-5D (bis zu sechs Monaten) zugunsten der PVP festgestellt. Die klinische Bedeutung dieser Unterschiede war jedoch unklar. Beim Sicherheitsprofil der PVP gab es im Vergleich zu den gepoolten Daten aus Scheineingriff und konservativer Therapie keinen statistisch signifikanten Unterschied betreffend Mortalität, unerwünschte Ereignisse oder neue Frakturen. Eine Beurteilung der PBK im Vergleich zum Scheineingriff wurde in keiner der Studien vorgenommen. Sowohl für die PBK als auch die konservative Therapie wurden in den RCTs und nicht-RCTs ähnliche Daten betreffend Mortalität und unerwünschte Ereignisse berichtet. OS
BAG/ CH 2020: Vertebroplasty or Kyphoplasty in Painful Osteoporotic Vertebral Compression Fractures Unresponsive to Non-Surgical Treatment. https://www.bag.admin.ch/dam/bag/en/dokumente/kuv-leistungen/leistungen-und-tarife/hta/berichte/h0036vpkp-hta-report.pdf.download.pdf/h0036vpkp-hta-report.pdf.
23. bis 24. Februar 2023
7th ATHEA Conference for Health Economics
“Looking beyond borders: Global Health Economics”
Wien
https://www.athea.at/en/seventh-athea-conference/
22. bis 24. März 2023
EbM-Kongress 2023
„Gesundheit und Klima - EbM für die Zukunft“
Potsdam
https://www.ebm-netzwerk.de/de/veranstaltungen/termine/ebm-kongress-2023
21. bis 23. Mai 2023
18th Biennial European Conference
“Linking Research to Evidence-Based Action for Patients, Providers and Policy Decision Makers”
Berlin
https://smdm.org/meeting/18th-biennial-european-conference1
8. bis 9. Juni 2023
European Implementation Event
Basel
https://implementation.eu/european-implementation-event-2023/
24. bis 28. Juni 2023
HTAi 2023
"The Road to Policy and Clinical Integration"
Adelaide
Impressum
Redaktion: Claudia Wild/ CW, Ozren Sehic/OS
CS: Christoph Strohmaier
IR: Inanna Reinsperger
OS: Ozren Sehic
SW: Sarah Wolf