Die bisherigen (zwei einarmigen) Studien zeigen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden beim Großteil der behandelten Patient*innen. Bei der Beta-Thalassämie benötigten 32 von 35 Personen nach der Therapie keine Bluttransfusionen mehr. Bei der Sichelzellkrankheit hatten 29 von 30 Patient*innen keine schweren Schmerzkrisen mehr. Diese Verbesserungen hielten bei beiden Erkrankungen mindestens ein bis zwei Jahre lang an. Die Lebensqualität der Patient*innen konnte dadurch spürbar verbessert werden. Langfristige Erfahrungen liegen bisher nicht vor. Die Behandlung ist körperlich sehr belastend: der Krankenhausaufenthalt dauert etwa fünf bis sechs Wochen und umfasst die Vorbereitung, die eigentliche Behandlung und die Zeit danach. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sind über viele Jahre regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig.
In Österreich leben etwa 60 bis 80 Menschen mit schwerer Beta-Thalassämie und etwa 130 Menschen mit schwerer Sichelzellkrankheit. Viele haben eine Migrationsbiografie und bei Ankunft in Österreich keinen guten Gesundheitszustand. Sie müssen zunächst für längere Zeit mit der derzeitigen Standardtherapie behandelt werden, damit sie so gesund sind, dass eine Exa-cel Therapie ohne zu großes Gesundheitsrisiko möglich ist. Laut Einschätzung klinischer Expert*innen könnten in den nächsten drei Jahren etwa 24 Patient*innen für die Behandlung infrage kommen und diese erhalten. Das Unternehmen hat für Österreich einen Listenpreis von 1,9 Millionen Euro pro Person festgesetzt. Dazu kommen noch die Kosten für den Krankenhausaufenthalt und die weitere Betreuung. Insgesamt wurden die Kosten pro Jahr für die infrage kommenden Patient*innen auf etwa 16 Millionen Euro geschätzt. CW
AIHTA/AT 2025: Exagamglogene autotemcel (Exa-cel, Casgevy®) zur Behandlung von Beta-Thalassämie und schwerer Sichelzellkrankheit. AIHTA Appraisal Board Assessment Nr.: 001. https://eprints.aihta.at/1548/.
Der vom KCE durchgeführte Umbrella-Review identifizierte empirische Evidenz, die darauf hinweist, dass DRG-Systeme ihr Hauptziel erreichen: Die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus sinkt. Befürchtungen einer Verschlechterung der Behandlungsqualität haben sich nicht bestätigt. Die Auswirkungen auf die Anzahl der Krankenhausaufnahmen sind weniger eindeutig – möglicherweise wegen unterschiedlicher Kontrollmechanismen. Die vom KCE untersuchten Länder setzen drei Arten solcher Mechanismen ein: Tarifkürzungen, Mengenbegrenzungen oder eine sogenannte Mengen-Preis-Kontrolle, bei der die Vergütung ab einem Schwellenwert mit steigender Patient*innenzahl sinkt. In Frankreich werden bei Budgetüberschreitungen die Tarife für alle Krankenhäuser gekürzt – ähnlich wie im aktuellen belgischen System. Reine Mengenbegrenzungen, wie in der Lombardei, können zwar die Anzahl der Krankenhausaufnahmen direkt steuern, führen aber oft zu Wartelisten. Die Mengen-Preis-Kontrolle, wie sie in Estland, Deutschland und Ungarn angewendet wird, wurde von belgischen Expert*innen als vielversprechendster Ansatz identifiziert, da sie eine Balance zwischen Kostenkontrolle und Versorgungszugang ermöglicht.
Für eine erfolgreiche Einführung in Belgien empfiehlt der Bericht mehrere Voraussetzungen: Eine genaue Erfassung der tatsächlichen Behandlungskosten, eine am regionalen Bedarf orientierte Mengenplanung sowie Maßnahmen gegen die Falschzuordnung von Patient*innen zu höher vergüteten Diagnosegruppen. Parallel sollten auch neue Vergütungsmodelle entwickelt werden, die den gesamten Behandlungsverlauf oder die Bedürfnisse der regionalen Bevölkerung berücksichtigen. Dabei müssen die belgischen Besonderheiten wie die getrennte Vergütung von Krankenhäusern und Ärzt*innen sowie die freie Wahl der Leistungserbringer*innen beachtet werden. GG
KCE/BE 2024: Expenditure control measures in DRG-based hospital payment systems. KCE Reports 392. https://kce.fgov.be/en/publications/all-reports/expenditure-control-measures-in-drg-based-hospital-payment-systems.
ADHS ist durch Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit gekennzeichnet, die die alltägliche Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigen können. Schätzungen zufolge beträgt die globale Prävalenz von ADHS bei Kindern etwa 5 %, wobei Buben häufiger diagnostiziert werden als Mädchen. Angesichts des oft langwierigen diagnostischen Prozesses wurden digitale Gesundheitsanwendungen untersucht, die eine simultane Erfassung kognitiver und motorischer Funktionen ermöglichen und in diagnostische Assessments durch medizinisches Fachpersonal integriert werden könnten. Von insgesamt fünf betrachteten DiGAs konnte lediglich für den QbTest wissenschaftliche Evidenz identifiziert werden, darunter eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) sowie fünf Vorher-Nachher-Studien. Trotz methodischer Limitationen – insbesondere eines hohen Verzerrungspotenzials (RoB), aufgrund mangelnder Verblindung oder keiner Kontrollgruppe, bei einem Endpunkt (diagnostischer Nutzen) des RCT und bei einem Vorher-Nachher-Vergleich – wurde die vorhandene Evidenz als hinreichend zur Unterstützung diagnostischer Entscheidungen eingestuft. Die potenziellen Vorteile des QbTests umfassen eine schnellere Entscheidungsfindung, eine Reduktion der erforderlichen diagnostischen Termine sowie eine höhere diagnostische Sicherheit. Andere untersuchte digitale Anwendungen konnten aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Evidenz nicht empfohlen werden. Darüber hinaus wurde die Kosteneffizienz des QbTests analysiert, mit dem Ergebnis, dass der Einsatz des QbTests im Zuge der Diagnostik voraussichtlich eine kosteneffiziente Nutzung der NHS-Ressourcen darstellt.
Die aktuelle Empfehlung sieht den Einsatz des QbTests im Rahmen einer standardisierten ADHS-Diagnostik durch medizinisches Fachpersonal bei Personen im Alter von sechs bis 17 Jahren vor. Weiterführende Forschung ist allerdings erforderlich, um die Anwendung weiterer DiGAs sowie den Einsatz des QbTests bei Personen über 18 Jahren zu evaluieren. Zudem fehlt bislang Evidenz, ob der Test zur Beurteilung des Therapieerfolgs bei ADHS geeignet ist. JK
NICE/UK 2024: Digital technologies for assessing attention deficit hyperactivity disorder (ADHD). Diagnostics Guidance – DG60. https://www.nice.org.uk/guidance/dg60.
Neben einer Literatursuche in einigen Datenbanken wurden zusätzlich Interviews mit CEUS-Nutzer*innen, Entwickler*innen sowie Patientenvertreter*innen geführt. Insgesamt wurden 35 Primärstudien eingeschlossen; die meisten der Studien konzentrierten sich auf Krankenpfleger*innen und etwas mehr als die Hälfte bezog Krankenhauspersonal direkt ein. Die Ergebnisse zeigten, dass fast alle der analysierten Studien CEUS als alleinige Systeme verwendeten, während nur wenige zusätzlich Smartphones oder andere tragbare Technologien einbanden. CEUS wiesen in der Hälfte der Studien einen positiven Einfluss auf Pflegeprozesse auf: Etwa eine verbesserte Einhaltung der Händedesinfektionsrichtlinien durch Pflegekräfte, eine genauere Insulindosierung, pünktlichere Blutentnahme und eine optimierte Pflegedokumentation. Darüber hinaus zeigten 40,7 % der untersuchten Indikatoren auch statistisch signifikante Verbesserungen in der Patient*innenversorgung – allerdings nicht immer mit direkter klinischer Relevanz. Pflegefachkräfte, die CEUS nutzten, verzeichneten eine geringere Anzahl an Stürzen und Druckgeschwüren, eine bessere Blutzuckerkontrolle, ein verbessertes Screening auf Mangelernährung und Adipositas sowie eine präzisere Triage. In fast allen Studien wurde ein hohes Verzerrungsrisiko (etwa aufgrund fehlender Randomisierung oder Selektionsbias) festgestellt. Aufgrund der Heterogenität der Studieninhalte und Outcomes war eine Metaanalyse nicht möglich.
Laut Autor*innen bleibt damit unklar, ob der Einsatz von CEUS die Entscheidungsfindung von Pflegekräften und Rettungsfachpersonal nachhaltig verbessert. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit weiterer qualitativ hochwertiger Forschung, die sowohl die Effektivität als auch die ökonomischen Auswirkungen von CEUS untersucht. Besonders wirtschaftliche Analysen sind entscheidend, um den tatsächlichen Nutzen und die langfristige Tragfähigkeit im Gesundheitswesen zu bewerten. YH
Thompson C, et al. 2024 The effects of computerised decision support systems on nursing and allied health professional performance and patient outcomes: a systematic review and user contextualisation. Health Soc Care Deliv Res 2024;12(40). https://doi.org/10.3310/GRNM5147.
06. bis 07. März 2025
8. ATHEA Konferenz
„Status quo and new directions for Austrian health economics“
Wien
https://www.athea.at/achte-athea-konferenz/
26. bis 28. März 2025
EbM-Kongress 2025
„Die EbM der Zukunft – packen wir’s an“
Freiburg
Impressum
Redaktion: Claudia Wild/ CW, Ozren Sehic/OS
CW: Claudia Wild
GG: Gregor Götz
JK: Julia Kern
YH: Yui Hidaka