Der ExpertInnen-Bericht befasst sich mit acht Prinzipien, die mittelfristig zu besseren (innovativen) Medikamenten und zu sozialverträglichen Preisen führen sollen. 1. Die Offenlegung der tatsächlichen Kosten bei der Entwicklung von Medikamenten, 2. Die Verwendung unterschiedlicher Instrumente zur Stimulierung von „bedeutsamer“ Innovation: der Patentschutz ist dabei nur ein Instrument, das auch dahingehend zu hinterfragen ist, ob es in der heutigen Form wirksam ist, 3. Eine forcierte Methodenentwicklung zugunsten der Beurteilung des sozialen Werts von Medikamenten, um HTA-Methodiken zu komplementieren, 4. Die Entwicklung von Politiken und deren Bewertung zur Ausübung von Marktmacht in Preisverhandlungen, 5. Die Implementierung von Belohnungssystemen/ Inzentiven für höheren therapeutischen Nutzen insbesondere in Indikationsbereichen, wo Innovationen tatsächlich gebraucht werden, 6. Die Weiterentwicklung von Refundierungsinstrumenten, die die Behandlung und das Ergebnis belohnen und nicht den Ankauf von „Pillen“, 7. Die Erprobung und Analyse von nichtlinearen, differenzierten Refundierungsinstrumenten, 8. Die Begründung von Plattformen für Diskurs zwischen allen Beteiligten.
Der Rolle von R&D (Forschung & Entwicklung) kommt in dem Bericht besondere Aufmerksamkeit zu: werden nur die Kosten für Pharma-geleitete R&D inkl. einem Risikokapital bei der Preisbildung berücksichtigt, ist das ein Inzentiv, die R&D Kosten hoch zu halten, nicht aber Innovation zu produzieren. Werden Indikationsbereiche mit Bedarf nach therapeutischen Innovationen identifiziert, sollte eine zentrale öffentliche R&D Förderung (wie dies derzeit bei Antibiotika passiert, wo bislang Marktmechanismen völlig versagt haben) forciert werden und nur die Herstellung des Produkts durch Marktanbieter durchgeführt werden. Auch Ideen zur Verstärkung von Instrumenten zum intergenerationalen Bestand echter Innovationen werden in dem Bericht betont: heute wird über den Patentschutz und die entsprechenden hohen Preise nur eine Generation eines Medikaments belohnt, die dann von der nächsten Generation (ebenfalls unter Patentschutz, marginal anders/ besser) abgelöst wird. Zukünftige Instrumente sollten stärker die innovativen Medikamente, die für mehrere Generationen nutzbringend sind, im Fokus haben und diese belohnen und damit zu einer Entschleunigung der Produktion von vielen neuen Medikamenten mit geringem Nutzen zu weniger Medikamenten mit großem Nutzen führen. Weiters wird vorgeschlagen, auch die Anforderungen an neue Medikamente bereits bei der Zulassung durch die EMA höher zu setzen und der weiteren Orphanisierung von Medikamenten durch entsprechende Regelwerke Einhalt zu gebieten. Striktere Kontrollen durch die EMA bis zu „De-Listing“ von Medikamenten, die die bei der Zulassung in sie gesetzten Erwartungen in der Praxis nicht erfüllen können, sind gefordert, um die Glaubwürdigkeit der Zulassungsbehörde zu bewahren.
Die ExpertInnen sprechen sich für das Erproben sowie das Evaluieren einiger neuer Steuerungsinstrumente aus.
Priv. Doz. Dr. Claudia Wild, Leiterin des LBI-HTA, Mitglied im EC-Expert Panel
EC-Expert Panel on “effective ways of investing in Health” 2017: Opinion on Innovative payment models for high-cost innovative medicines (Draft): https://ec.europa.eu/health/expert_panel/home_en
Der Bericht des Expert-Panels liegt in einer Draft-Version auf der Website der Europäischen Kommission vor (https://ec.europa.eu/health/expert_panel/sites/expertpanel/files/019_innovative_payment_models_en.pdf), die endgültige Version wird in Kürze ebenfalls dort zu finden sein.
Vgl. auch Veranstaltung „Game Changer: For better and affordable medicines for Europe. https://epha.org/game-changers-for-better-and-affordable-medicines-for-europeans/
Anhand einer systematischen Literatursuche, die noch durch weitere, gezielte Suchen ergänzt wurde, konnten die StudienautorInnen 152 Bewertungsinstrumente im Bereich der Palliativpflege identifizieren. Diese wurden den folgenden neun Kategorien, die dem „National Consensus Project for Quality Palliative Care“ entstammen, zugeordnet: 1. Struktur & Prozess der Betreuung (Kontinuität, Kommunikation, Fallmanagement); 2. Physische Aspekte der Betreuung (Schmerz, Atemnot, Ermüdung, Übelkeit); 3. Psychologische & Psychiatrische Aspekte der Betreuung (Depression, Leid, Unterstützung der Angehörigen); 4. Soziale Aspekte der Betreuung (Unterstützung von und für PatientInnen, Angehörige und Pflegefachkräfte, Krankheitslast); 5. Spirituelle, Religiöse und Existentielle Aspekte der Betreuung (Lebensende); 6. Kulturelle Aspekte der Betreuung (kulturelle Sensibilität, Bedürfnisse); 7. Hospizbetreuung (Verlust, Trauer, Trost); 8. Ethische & gesetzliche Aspekte der Betreuung (Vorausplanung); und 9. eine multidimensionale Kategorie für Instrumente, die nicht nur einen Bereich abdecken, zur Erhebung der Lebensqualität sowie der PatientInnenerfahrung.
Dabei hat sich gezeigt, dass es trotz der Vielzahl an Bewertungsinstrumenten für manche Kategorien nur sehr wenige gibt. Lücken konnten für die Bereiche Struktur & Prozess sowie für kulturelle, ethische & legistische Aspekte und für den Bereich der PatientInnenerfahrung aufgezeigt werden. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Responsivität der PatientInnen nur in den seltensten Fällen erhoben wurde und nur wenige Studien den Einsatz der Bewertungsinstrumente in der klinischen Praxis evaluiert haben. Zudem konnte nur ein einziger Qualitätsindikator im Zusammenhang mit einem Bewertungsinstrument gefunden werden.
Die StudienautorInnen empfehlen daher für künftige Forschung im Bereich der Palliativbetreuung einen Fokus auf die Entwicklung und Erprobung von Messinstrumenten in den genannten lückenhaften Bereichen sowie im spirituellen/religiösen Bereich, für den ebenfalls nur wenige Daten vorhanden sind. Überdies konstatieren sie einen Bedarf zur Evaluierung der Responsivität der Instrumente in allen Kategorien, zum Einsatz der Bewertungsinstrumente in der klinischen Praxis und zum Einsatz der Bewertungen als Qualitätsindikatoren zur Verbesserung der Palliativbetreuung. PP
AHRQ/ US 2017: Assessment Tools for Palliative Care. Technical Brief Number 30. https://ahrq-ehc-application.s3.amazonaws.com/media/pdf/palliative-care-tools_technical-brief-2017.pdf
Einerseits zielte die Studie darauf ab, den wertbasierten Weiterbildungsbedarf von GPAs in Hinblick auf Dignität und respektvollen Umgang mit älteren Menschen – durch einen telefonischen Survey innerhalb NHS Trust Krankenhäusern in England – zu erheben. Darüber hinaus wurden Fokusgruppen mit älteren Menschen, die kürzlich hospitalisiert waren, sowie semi-strukturierte Interviews mit den GPAs durchgeführt, um die Erfahrungen älterer Menschen mit und ihre Erwartungen an Pflegearbeit in NHS Trust Krankenhäuser einschätzen zu können.
Andererseits hat das ForscherInnenteam auf Basis der bisherigen Studienergebnisse unter Einbindung von ExpertInnen eine konkrete Fortbildungsintervention namens „Older People’s Shoes“ entworfen. Diese setzt sich aus drei Elementen zusammen: 1. Teilnehmende haben die Möglichkeit anhand von Videos und Simulationen die Perspektive und Schwierigkeiten älterer Menschen im Krankenhaussetting besser zu verstehen und 2. Sie können ältere Menschen kennenlernen, um stereotype Vorstellungen des Alterns abzubauen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen und 3. Sie lernen Aspekte klassischer Kundenbetreuung, wie etwa aktives Zuhören und Techniken, wie man mit z.B. verärgerten PatientInnen umgehen kann.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass ein Drittel der telefonisch befragten GPAs von der Vermittlung von beziehungsbezogenen Aspekten innerhalb ihrer Ausbildung berichteten (Variabilität des Weiterbildungsbedarfs zwischen NHS-Trust Spitälern vorhanden). Des Weiteren wurde in den Fokusgruppen mit älteren Menschen deutlich, dass die Beziehungskomponente mit dem Gesundheitspersonal ausschlaggebend war, ob der Spitalsaufenthalt als positiv oder negativ eingestuft wurde. Es konnte dabei ein Weiterbildungsbedarf der GPAs vor allem im Bereich „schwierige Konversationen“ mit PatientInnen und deren Angehörigen festgestellt werden.
Die AutorInnen schlussfolgern, dass Weiterbildungsbedarf bei der Ausbildung von GPAs vorhanden ist und die im Rahmen der Studie entwickelte Intervention „Older People’s Shoes“ auf hohe Akzeptanz stößt. Für eine größere randomisierte kontrollierte Studie müssten methodologische Schwierigkeiten (bezogen auf die Rekrutierung der StudienteilnehmerInnen) beseitigt werden und kontextuelle Veränderungen am Studienkonzept (z.B. Miteinbezug des weiteren Pflegeteams in den Krankenhäusern) vorgenommen werden, um genügend Informationen (Daten) sammeln bzw. erfassen zu können. GG
NIHR/ GB (2017): Can Health-care Assistant Training improve the relational care of older people? (CHAT) A development and feasibility study of a complex intervention. https://www.journalslibrary.nihr.ac.uk/hsdr/hsdr05100/#/abstract
Ein im Jahr 2014 veröffentlichter Bericht der Cochrane Collaboration nimmt einen Vergleich der beiden Materialien im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit vor. Es stand die Fragestellung im Vordergrund, welches der beiden Materialien auf Dauer niedrigere Ausfallraten aufweist und damit womöglich eine effizientere Technik darstellt. Der Review beinhaltet die Ergebnisse von sieben randomisierten, kontrollierten Studien, von denen allerdings lediglich die Ergebnisse von zwei Studien in einer Metaanalyse ausgewertet werden konnten (1.645 PatientInnen mit Komposit-Kunststoff, 1.365 mit Amalgam, 5-7 Jahre Follow-up). Der primäre Outcome war die sogenannte „failure rate“. Sie enthält alle Ereignisse, die im Untersuchungszeitraum von 5-7 Jahren bei TeilnehmerInnen auftraten und zu einem Versagen der Füllung geführt haben, was einen Ersatz beziehungsweise eine Reparatur der Plombe zur Folge hatte. Diese „failure rate“ lag bei TeilnehmerInnen mit Komposit-Kunststoff-Füllungen bei 14,2% und damit fast doppelt so hoch wie bei jenen mit Amalgam-Füllungen. Die häufigste Ursache für Ausfälle waren sekundäre Karieserkrankungen, die bei Kunststofffüllungen mehr als doppelt so häufig vorkommen wie bei ihren Pendants aus Amalgam. Einzig die Haltbarkeitsrate, bezogen auf die Stabilität der Legierungen war bei beiden annähernd gleich niedrig. Nur 1,4% der Amalgam- und 1,2% der Komposit-Kunststoff-Füllungen wiesen im Laufe der 5-7 Jahre Schäden auf, die auf ein Versagen des Materials zurückzuführen waren.
Die AutorInnen kritisieren die den Studien zugrundeliegende geringe Evidenz: mangelnde Maßnahmen zu Verblindung sowie große individuelle Unterschiede bei der Zahnhygiene der einzelnen TeilnehmerInnen. Da allerdings die fünf nicht in die Metaanalyse inkludierten Studien ähnliche Ergebnisse aufwiesen, gehen die VerfasserInnen zumindest von einer gewissen Aussagekraft der Ergebnisse aus. Als Conclusio wird der schwach belegte, zusätzliche Nutzen von Amalgam hervorgehoben sowie der Ausblick auf weitere Studien, die die nachteilige Wirkung des Quecksilbers im Amalgam verstärkt belegen können. Ein derzeit laufendes Assessment der Canadian Agency for Drugs and Technologies in Health (CADTH) mit der identen Fragestellung wird hoffentlich neue Erkenntnisse bringen. FD
Cochrane/ GB 2014: Direct composite resin fillings versus amalgam fillings for permanent or adult posterior teeth (Review). http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD005620.pub2/full
CADTH/ CA 2017: Composite Resin versus Amalgam for Dental Restorations: A Health Technology Assessment - project protocoll. https://www.cadth.ca/composite-resin-versus-amalgam-dental-restorations-health-technology-assessment-project-protocol
Die FOURIER-Studie lieferte Evidenz, dass durch die Zugabe von Evolocumbab zur Statintherapie die Herzinfarkts-, Schlaganfalls-, und Revaskularisationsraten reduziert wurden. Dieselbe Wirkung konnte jedoch nicht für PatientInnen mit instabiler Angina und für kardiovaskuläre Todesfälle nachgewiesen werden. Neben harmlosen Reaktionen bei der Injektionsstelle traten keine weiteren Nebenwirkungen durch Evolocumab auf. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse bewertete das ICER die Zugabe von Evolocumab zur Statintherapie mit einem C+ (vergleichbar oder besser). Im Gegensatz zu den reinen Nutzenbewertungen zeigte das aktualisierte gesundheitsökonomische Modell allerdings noch weniger günstige Ergebnisse wie 2015.
Der Vergleich des dazugewonnenen Nutzens mit den einhergehenden höheren Kosten ergab ein inkrementelles Kosten-Nutzen Verhältnis von 800.000 US-Dollar bis 1,34 Millionen US-Dollar pro dazu gewonnenem QALY unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Preise. Beide Werte liegen deutlich über den üblichen Kosteneffektivitätsgrenzwerten von 100.000 bzw. 150.000 US-Dollar pro QALY. Um Werte unterhalb dieser Schwellenwerte zu erreichen, wäre eine Reduktion der Preise um 85% bzw. 88% notwendig. Die gesundheitsökonomische Analyse von 2015 wies die Notwendigkeit von Preisreduktionen von „nur“ 60-63% auf. Die aktualisierte gesundheitsökonomische Analyse von ICER – basierend auf den Ergebnisse der jüngst publizierten FOURIER-Studie – zeigt also ein deutlich schlechteres Kosteneffektivitätsergebnis für Evolocumab als die Erstanalyse kurz nach Markteinführung. SW
ICER/ US 2017: Evolocumab for Treatment of High Cholesterol: Effectiveness and Value. New Evidence Update. https://icer-review.org/material/pcks9-inhibitors-neu/
28.-29. November 2017
GRADE - von Studien zu Leitlinien
Donau-Universität/ Krems
http://www.donau-uni.ac.at/de/studium/grade-von-studien-zu-leitlinien/index.php
29. November 2017
ÖPGK-Konferenz: „Gesundheit, aber klar! Gute Informationen, gute Gespräche – Werkzeuge für mehr Gesundheitskompetenz“
Linz / Österreich
https://oepgk.at/veranstaltung/3-konferenz-der-oepgk/
30. November 2017
Ethik und HTA Workshop 2 „Ethik in HTA - Roadmap: Methoden und Schulungen (capacity building)“
Wien/ Österreich
http://ethik-hta.aey-congresse.de
22.-26. Jänner 2018
Winter School in Clinical Epidemiology
Hall in Tirol/ Österreich
31. Jänner 2018
Vernetzungstreffen Partizipative Gesundheitsforschung in Österreich (GÖG & ÖGPH)
Wien / Österreich
https://oeph.at/vernetzungstreffen-patizipative-gesundheitsforschung
05.-07. März 2018
11. Österreichische Armutskonferenz zum Thema "Anerkennung"
St. Virgil / Salzburg
http://www.armutskonferenz.at/termine/aviso-11-oesterreichische-armutskonferenz-5-7-maerz-2018.html
08.-10. März 2018
19. Jahrestagung des DeutschenNetzwerks Evidenzbasierte Medizin: „Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl“
Graz / Österreich
23.-24. Mai 2018
21. wissenschaftliche Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Public Health (ÖGPH)
Wien / Österreich
https://oeph.at/index.php/21-wissenschaftliche-jahrestagung-der-oegph
Dezember/Jänner
Impressum
Redaktion: Claudia Wild/ CW, Philipp Petersen/ PP
PP: Philipp Petersen
GG: Gregor Götz
FD: Fabian Dressendörfer
SW: Sarah Wolf