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- Newsletter Mai 2024 | Nr. 227
- Editorial: AIHTA-Framework erleichtert Identifikation öffentlicher Beiträge zur Entwicklung von Innovationen im Gesundheitswesen
Editorial: AIHTA-Framework erleichtert Identifikation öffentlicher Beiträge zur Entwicklung von Innovationen im Gesundheitswesen
Artikel 57 verpflichtet sowohl Antragsteller als auch Inhaber von Marktzulassungen jede direkte finanzielle Unterstützung für Forschung und Entwicklung (F&E) aus öffentlichen Mitteln offenzulegen. Die Verpflichtung beschränkt sich nicht nur auf die finanzielle Unterstützung aus EU-Ländern. Der Anwendungsbereich ist sehr weit gefasst und beinhaltet jegliche direkte Finanzierung aller Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Arzneimittels. Eine Berichterstattung über indirekte Geldflüsse (etwa regulatorische oder Steuererleichterungen) ist dagegen nicht vorgesehen. Das AIHTA-Framework wurde im Kontext des EU-Projekts HI PRIX (Health Innovation Next Generation Payment and Pricing Models, Grant Agreement Nr. 101095593) erarbeitet. Es soll eine standardisierte Berichterstattung anstoßen, Unklarheiten bei der Auslegung zwischen direkten und indirekten Beiträgen verringern und die dafür notwendigen Kategorien erarbeiten. Zu diesem Zweck wurde eine Literaturrecherche durchgeführt und Vertreter*innen verschiedener Interessensgruppen interviewt. Die Auswertung von 26 Publikationen ergab, dass mehr als die Hälfte aller zugelassenen Arzneimittel und mehr als 90 % der Zielmoleküle von Arzneimitteln mit Einrichtungen des öffentlichen Sektors und/oder deren Ausgründungen in Verbindung stehen. Entlang der Wertschöpfungskette, d.h. von der Grundlagenforschung bis zur Überwachung nach der Markteinführung, ermittelte das AIHTA acht Kategorien öffentlicher Beiträge zu medizinischen Innovationen. Diese acht sehr unterschiedlichen Kategorien zeigen eine durchgängige öffentliche Beteiligung auf verschiedenen Ebenen der medizinischen Forschung und Entwicklung: Von der Grundlagenforschung, über klinische Studien bis hin zur Zulassung und zum Monitoring der Produkte nach deren Einführung spielt die öffentliche Hand eine zentrale Rolle. Etwa beim Technologietransfer, bei der Förderung der universitären Spin-Outs (Ausgründungen aus Universitäten) und Start-Ups. Ebenfalls dazu gehören die Unterstützung bei regulatorischen Fragen, klinischen Studien (auch in den letzten Entwicklungsphasen) oder bei der Generierung von Evidenz nach der Marktzulassung.
Als Beispiel können die Zulassungen sogenannter Arzneimittel für neuartige Therapien (engl. Advanced Therapy Medicinal Products, ATMPs) genannt werden: Von diesen wurden bis September 2023 in Europa und den USA insgesamt 18 zugelassen. Diese Produkte stammen überwiegend aus öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen oder wurden von philanthropischen Organisationen finanziert. Die Übertragung des Eigentums dieser Produkte erfolgt typischerweise nach erfolgreich absolvierten frühen Entwicklungsphasen. Nämlich dann, wenn das Risiko eines Scheiterns sinkt. Mit jedem Eigentümerwechsel steigt anschließend der Wert des Unternehmens entsprechend der Bewertung des Produktportfolios.
Neben diese Fragen wie direkte und indirekte öffentliche Beteiligungen identifiziert und differenziert werden können, drängen sich auch jene ihrer Umsetzung auf: D.h. wie diese Erkenntnisse entlang der einzelnen öffentlichen Finanzierungskategorien für die Preisgestaltung nutzbar gemacht werden können. Voraussetzung hierfür ist allerdings die politische Bereitschaft, Spielregeln auf regulatorischer Ebene festzulegen und dafür alle transparenten Informationen über Beiträge aus öffentlicher Hand zu nutzen. Um einen wirklichen Paradigmenwechsel einzuleiten, schlägt das AIHTA daher mehrere Gestaltungsoptionen vor – etwa eine standardisierte Berichterstattung über öffentliche und philanthropische F&E-Ausgaben, die EU-Ebene und nationale Geldgeber umfasst. Diese sollte für die Industrie obligatorisch sein, Ergebnisse, wie Spin-Outs, Patente etc., beinhalten und der Öffentlichkeit sowie Forschung zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt müssen klare vertragliche Regelungen über Bedingungen und Auflagen getroffen werden, wie z.B. Klauseln über angemessene Preise, freien Zugang zu geistigen Eigentumsrechten, Gewinnbeteiligungen sowie Regelungen über die Rückzahlung von Anfangsinvestitionen oder anfallenden Lizenzgebühren an die Öffentlichkeit.
Claudia Wild, Ozren Sehic und Daniel Fabian
(HTA Austria – Austrian Institute for Health Technology Assessment GmbH)
Referenzen
Wild, C. and Fabian, D. (2024): The Role of Public Contributions to the Development of Health Innovations. HTA-Projektbericht 158. https://eprints.aihta.at/1499/.
Wild C, Sehic O, Schmidt L, Fabian D. (2024) Public Contributions to R&D of Medical Innovations: a Framework for Analysis, journal article forthcoming.