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- Newsletter Oktober 2020 | Nr. 191
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Liquid Biopsy: Triage von Lungenkrebspatient*innen mit Hilfe zell-freier Tumor-DNA in Blutproben
Nach einer Lungenkrebsdiagnose wird bei betroffenen Patient*innen meist eine Gewebebiopsie durchgeführt, bei der ein kleines Stück des Tumors direkt aus der Lunge entnommen und dieses molekulargenetisch dahingehend analysiert wird, ob pathogene Gen-Mutationen, welche den Epidermal Growth Factor-Rezeptor (EGFR) beeinflussen, nachweisbar sind. Sollte eine Mutation vorliegen, werden zusätzlich zur eigentlichen Chemotherapie EGFR-Tyrosinkinase-Hemmer verabreicht. Bei etwa 60% der Betroffenen entwickelt sich jedoch eine T790M-EGFR-Resistenzmutation – d.h. die Medikamente werden unwirksam. Um dies zu überprüfen kann, statt erneuter wesentlich invasiverer Gewebebiopsie, auch ein Bluttest (Liquid Biopsy) durchgeführt werden, bei dem zellfreie Tumor-DNA identifiziert werden kann.
Durch eine systematische Literatursuche konnten 19 Studien zur diagnostischen Test-Genauigkeit und 12 Studien zum klinischen Nutzen der Liquid Biopsy in die Analyse eingeschlossen werden. Bei Patient*innen mit fortgeschrittenem NSCLC zeigte die Liquid Biopsy zum Nachweis der EGFRT790M-Resistenzmutation einen positiven und negativen prädiktiven Wert von 89% bzw. 61%. Der klinische Nutzen der Liquid Biopsy als Triage-Test hingegen wurde in keiner der identifizierten Studien untersucht. Folgend auf die Liquid Biopsy war bei entsprechender Behandlung des NSCLC das progressionsfreie Überleben bei Patient*innen mit und ohne Resistenzmutation ähnlich. Zur Abschätzung der Kosteneffektivität und der kurz- und langfristigen Budgetfolgen wurde ebenfalls eine systematische Literatursuche durchgeführt. Im Vergleich zu den Szenarien Liquid Biopsy als alleiniger diagnostischer Test oder nur Gewebebiopsie, zeigte die Liquid Biopsy als Triage-Test, die beste Kosteneffektivität. Der Einsatz als Triage-Test führte bei geringeren Kosten zu genaueren Behandlungsentscheidungen und zur größten Zahl von Patient*innen mit nachgewiesener T790M-EGFR-Resistenzmutation. Die Liquid Biopsy wurde von Patient*innen als besonders geeigneter Test empfunden, da die mit einer Gewebebiopsie verbundenen Schmerzen und Ängste von NSCLC-Patienten*innen vermieden werden könnten. Eine öffentliche Finanzierung der Liquid Biopsy als Triage-Test in Ontario würde für die nächsten fünf Jahre zusätzliche 0,06 bis 3 Millionen Kanadische Dollar (CAD) Kosten verursachen.
Die HQO schließt aus ihren Ergebnissen, dass die Liquid Biopsy als vergleichsweise minimal-invasiver Test einen hohen Anteil von Menschen mit der T790M-EGFR-Resistenzmutation identifizieren kann. Dies ermöglicht bessere Therapie-Entscheidungen zur Behandlung von Patient*innen mit fortgeschrittenem NSCLC. Der relativ niedrige negative Prädiktor bedeutet jedoch, dass sie am besten als Triage-Test verwendet werden sollte. D.h. wird bei der Liquid Biopsy keine Resistenzmutation identifiziert, sollte anschließend noch eine reguläre Gewebebiopsie des Tumors durchgeführt werden. MW
HQO / CA 2020: Cell-Free Circulating Tumour DNA Blood Testing to Detect EGFR T790M Mutation in People With Advanced Non–Small Cell Lung Cancer: A Health Technology Assessment. https://www.hqontario.ca/evidence-to-improve-care/health-technology-assessment/reviews-and-recommendations/cell-free-circulating-tumour-dna-blood-testing-to-detect-egfr-t790m-mutation-in-people-with-advanced-nonsmall-cell-lung-cancer