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- Newsletter Oktober 2020 | Nr. 191
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Remdesivir (Veklury®, Gilead) bei Covid-19
Die Evidenz zur Wirksamkeit von Remdesivir bei COVID-19 ist inkonsistent und stammt aus zwei doppelblinden placebokontrollierten RCTs (bei schwerer COVID-19 Erkrankung), einem offenen RCT (bei moderater Erkrankung) sowie einer Dosisvergleichsstudie. Alle Studien wiesen ein hohes Verzerrungsrisiko auf. Der größte und zulassungsrelevante RCT (ACTT-1) wurde vorzeitig abgebrochen, eine Zwischenanalyse zeigte Vorteile bei der Genesungsdauer. Aufgrund des frühzeitigen Abbruchs kann der Behandlungseffekt überschätzt sein. Der primäre Endpunkt (ursprünglich „Veränderung des klinischen Status“) wurde jedoch nachträglich geändert auf Genesungsdauer. Da der Endpunkt „Verbesserung des klinischen Status“ ebenfalls statistisch signifikant war, scheint die Veränderung des primären Endpunkts keine Gefahr für die interne Validität der Studie darzustellen. Die eigentlich klinisch relevanten sekundären Endpunkte (Mortalität, Dauer der künstlichen Beatmung) zeigten keine Unterschiede. Zudem sind Aussagen zu den Endpunkten wegen der frühzeitigen Entblindung eingeschränkt. Zudem fehlte die Berichterstattung über den Anteil der Patient*innen, die in jedem Behandlungsarm andere Therapien gegen COVID-19 erhielten, sowie über die potenziellen Auswirkungen dieser Behandlungen auf die Outcomes.
Insgesamt 89% der Patient*innen wurden zu Beginn der Studie als schwer erkrankt eingestuft; es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen: Allerdings benötigten mehr Patient*innen in der Placebogruppe eine invasive Beatmung (28,2% vs. 23,1%), was darauf hindeutet, dass bei einer anderen Definition der Schwere der Erkrankung ein Gruppenunterschied vorgelegen hätte. Der kleinere RCT war nicht ausreichend gepowert, um Aussagen zur Wirksamkeit zu erlauben. Ein Open-Label-RCT bei moderatem COVID-19 (GS-US-540-5774) deutet auf eine größere klinische Verbesserung im Vergleich zur Standardbehandlung alleine hin, obwohl die klinische Signifikanz dieser Verbesserung unklar ist. Auch die optimale Dauer der Remdesivir-Behandlung ist ungewiss: eine Dosisvergleichsstudie zeigte keinen Nutzen einer Behandlungsdauer von 10 Tagen gegenüber 5 Tagen. Die noch nur als preprint veröffentlichten Auswertungen des SOLITARITY-Trials, koordiniert von der WHO, zeigten ebenfalls keine Effekte einer Remdesivir-Therapie auf die 28- Tage Mortalität.
Die European Medicines Agency (EMA) prüft seit Anfang Oktober mögliche Nierenschäden durch die Einnahme von Remdesivir. Es lägen Berichte vor, wonach einige Covid-19 Patient*innen nach der Verabreichung des Medikaments akute Nierenschäden erlitten hätten. CW
EUnetHTA 2020: Remdesivir for the treatment of covid-19. PICO and Evidence Gaps. Rapid Collaborative Review. PTRCR 15. https://eunethta.eu/wp-content/uploads/2020/09/PTRCR15-Rapid-Collaborative-Review-Remdesivir-for-COVID-v1.0-1.pdf
WHO-Solidarity Trial (Okt 2020): Repurposed antiviral drugs for COVID-19; interim WHO SOLIDARITY trial results. https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.10.15.20209817v1