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- Newsletter Februar 2022 | Nr. 204
- Medizinisches Cannabis bei Spastik und chronischen Schmerzen
Medizinisches Cannabis bei Spastik und chronischen Schmerzen
Das BAG überprüfte mittels einer systematischen Übersichtsarbeit die Wirksamkeit und Sicherheit von medizinischem Cannabis bei Patient*innen mit chronischen Schmerzen oder Spastizität. In weiterer Folge wurde eine Kosteneffektivitätsanalyse für das Schweizer Gesundheitssystem durchgeführt. Es wurden 13 randomisierte Kontrollstudien (RCTs) in die qualitative Evidenzsynthese eingeschlossen: Die klinischen Studien wiesen ein moderates bis hohes Verzerrungspotenzial auf und untersuchten die zusätzliche Verwendung von medizinischem Cannabis bei Patient*innen mit onkologischen (2 RCTs) und neuropathischen (5 RCTs) und muskuloskelettalen (1 RCT) Schmerzen. Bei Patient*innen mit Spastizität wurden weitere fünf klinische Studien mit moderatem Verzerrungspotenzial identifiziert, die einen etwaigen klinischen Zusatznutzen von medizinischem Cannabis bei Patient*innen mit Spastizität durch Multiple Sklerose (4 RCTs) bzw. Motoneuuronerkrankungen (1 RCT) untersuchten.
Das THC:CBD (Sativex®) Spray war die am häufigsten eingesetzte Form der Cannabiseinnahme. Die Ergebnisse aus diesen klinischen Studien waren jedoch sowohl für chronische Schmerzen bei chronischen Krankheiten als auch für Spastizität inkonsistent und ließen insgesamt keine definitiven Schlussfolgerungen zu einem etwaigen Zusatznutzen von medizinischem Cannabis zu. Zusätzlich zeigen die gesundheitsökonomischen Modellierungen zur Kosteneffektivität, dass die Anwendung des THC/CBD-Sprays zur Behandlung der Symptome (chronischen Schmerzen oder Spastik) im Vergleich zur Standardbehandlung allein mit minimalen Veränderungen der qualitätsbereinigten Lebensjahre bei zusätzlichen Kosten verbunden war.
Die Analyse der Evidenz des BAG geht einerseits mit systematischen Übersichtsarbeiten anderer HTA Institutionen konform - so verweist bspw. auch das kanadische CADTH auf Forschungslücken bei einigen Indikationen. Andererseits kommt das IQWiG bei Subindikationen zu weitaus positiveren Schlussfolgerungen: Zum Beispiel bzgl. des Zusatznutzens von Cannabis sativa bei Erwachsenen mit Spastik infolge von multipler Sklerose, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben und deren Spastik sich während eines Anfangstherapieversuchs verbessert hat. Zusätzlich sind laut BAG auch rechtliche, soziale und ethische Probleme sowie organisatorische Herausforderungen bei der Qualitätskontrolle zu berücksichtigen. GG
Bundesamt für Gesundheit (BAG)/ CH 2021: Medical cannabis for treating various symptoms in Switzerland. https://www.bag.admin.ch/bag/en/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-leistungen-tarife/hta/hta-projekte/medizinalcannabis.html.
CADTH/ CA 2020: Medical Cannabis – Research Gaps.
https://www.cadth.ca/sites/default/files/pdf/research_gaps_medical_cannabis.pdf.
IQWiG/ DE 2018: Extrakt aus Cannabis sativa (Spastik aufgrund von multipler Sklerose). https://www.iqwig.de/download/a18-27_extrakt-aus-cannabis-sativa_kurzfassung_nutzenbewertung-35a-sgb-v_v1-0.pdf.