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- Newsletter Juli/August 2022 | Nr. 209
- Editorial: Shared Decision Making (SDM) wird zur Realität
Editorial: Shared Decision Making (SDM) wird zur Realität
Shared Decision Making (SDM) ist der Goldstandard medizinischer Entscheidungsfindung. Dabei sollen Ärzt*innen und Patient*innen Informationen austauschen und gemeinsam zu einer Behandlungsentscheidung kommen, die aus medizinischer und Patient*innenperspektive optimal ist. Zudem verspricht man sich von SDM eine Verbesserung der Versorgungsqualität und Patient*innensicherheit. Dennoch ist SDM bislang im klinischen Alltag eher die Ausnahme. Das SHARE TO CARE-Programm konnte in 19 von 22 Kliniken auf dem Campus Kiel erfolgreich implementiert werden. So konnte trotz aller Schwierigkeiten, vor allem durch die Corona-Pandemie und die sich dadurch noch verschärfte zeitliche Belastung der Ärzt*innen, die angestrebte Trainingsquote der Ärzteschaft von 80% in fast allen Kliniken erreicht werden.
Die Prozessevaluation bestätigte mit wenigen Abstrichen die hohe Praktikabilität. Die Ergebnisse aus den Patient*innenfragebögen (Perceived Involvement in Care Scales) sowie der Gesprächsvideoanalysen (MAPPIN’SDM) zeigten einen signifikanten Anstieg des SDM-Levels in Kliniken mit vollständiger Implementierung. Das SDM-Level war 6 bzw. 18 Monate nach Ende der Implementierung weiterhin signifikant erhöht. In einer als Kontrolle genutzten Klinik ohne SDM-Implementierung erfolgte erwartungskonform kein Anstieg. Im Vergleich zur gematchten Kontrollgruppe zeigte sich mit SDM eine Reduktion der stationären Notfalleinweisungen sowie insgesamt niedrigere Krankenhauskosten. Die im Rahmen des Innovationsfondsprojektes investierten Interventionskosten in SDM beliefen sich auf durchschnittlich ca. 122 Euro pro Patient*in. Diese werden sich in weiteren Krankenhäusern deutlich reduzieren, zumal viele Interventionen (z.B. Entscheidungshilfen, Online-Trainings etc.) aus dem Kieler Projekt weiterverwendet werden können. Die Einsparungen pro Patient*in im Vergleich zu Kontrollkrankenhäusern der Regelversorgung betrugen ein Vielfaches der Interventionskosten.
Das SHARE TO CARE-Programm bewies eine gute Praktikabilität und Wirksamkeit. Pandemiebedingt ist die Ergebnissicherheit bzgl. der Kosteneffizienz geringer als intendiert. Als weltweit best available evidence lassen die Ergebnisse dennoch vermuten, dass die Überführung von SDM in die stationäre Regelversorgung mehr Geld spart als sie kostet. Am UKSH wird SDM seit Projektende über einen Selektivvertrag mit der Techniker Krankenkasse (TK) zusätzlich vergütet, um die Versorgungseffizienz und Patient*innensicherheit zu erhöhen.
Dr. rer. medic. Fülöp Scheibler1,2
Prof. Dr. Dipl. Psych. Friedemann Geiger1,2
PD. Dr. med. Jens Ulrich Rüffer2,3
1 Nationales Kompetenzzentrum Shared Decision Making, Kiel, Deutschland
2 SHARE TO CARE. Patientenzentrierte Versorgung GmbH, Köln, Deutschland
3 TAKEPART Media + Science GmbH, Köln, Deutschland
Literatur
Geiger F, Novelli A, Berg D et al. Klinikweite Implementierung von Shared Decision Making: Erste Ergebnisse des Kieler Innovationsfondsprojekts zum SHARE TO CARE Programm. Dtsch Arztebl Int 2021; 118(13): 225-226. https://dx.doi.org/10.3238/arztebl.m2021.0144.
Danner M, Geiger F, Wehkamp K et al. Making shared decision-making (SDM) a reality: protocol of a large-scale long-term SDM implementation programme at a Northern German University Hospital. BMJ Open 2020; 10(10): e037575. https://dx.doi.org/10.1136/bmjopen-2020-037575.