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- Newsletter September 2022 | Nr. 210
- Risikobasiertes Brustkrebs-Screening für Frauen
Risikobasiertes Brustkrebs-Screening für Frauen
Im Gegensatz zur herkömmlichen altersbasierten Brustkrebsfrüherkennung werden beim risikobasierten Screening zusätzlich zum Alter mehrere Risikofaktoren - wie etwa die familiäre Brustkrebsvorgeschichte, die Brustdichte, hormonelle Faktoren, der Body-Mass-Index oder genetische Marker - berücksichtigt. Risikovorhersagemodelle schätzen Erkrankungswahrscheinlichkeiten für bestimmte Zeiträume und bestimmen je nach Risiko die darauffolgende Screening-Strategie, beispielsweise die Häufigkeit von Mammographien. Dadurch soll Brustkrebs früher oder zumindest gleich gut wie mit einem altersbasierten Programm entdeckt und die Nachtteile des herkömmlichen Screenings (z.B. seltenere Mammographien bei Frauen mit geringem Brustkrebsrisiko oder häufigere Mammographien etc. bei erhöhtem Risiko) reduziert werden.
Das AIHTA identifizierte im Zuge der Analyse sieben Modelle, die in 107 Studien aus acht systematischen Übersichtsarbeiten die prognostische Qualität der Risikovorhersagemodelle untersuchten. Die Modelle konnten in den Beobachtungsstudien das individuelle Brustkrebsrisiko nur unzureichend vorhersagen. Abgeschlossene randomisierte Kontrollstudien, die das Nutzen-Schaden-Verhältnis eines Risiko-Assessments im Vergleich zum altersbasierten Brutkrebsscreening aufzeigen, gibt es bislang noch nicht. Die MyPeBS-Studie, eine randomisiert-kontrollierte-Studie, vergleicht das risikobasierte Screening mit den herkömmlichen Brustkrebsfrüherkennungs-strategien in mehreren europäischen Ländern und wird wichtige Ergebnisse ab 2026 liefern.
Für eine Umstellung auf ein risikobasiertes Brustkrebs-Screening braucht es nicht nur fundierte Daten zum Nutzen-Schaden-Verhältnis, sondern auch detaillierte Vorbereitungen, wie beispielsweise ein standardisiertes Tool, um die einzelnen Risikofaktoren systematisch erfassen zu können. Überdies ist nicht jedes Modell für jede Population geeignet: Viele der untersuchten Modelle sind nur für bestimmte Altersgruppen oder Bevölkerungsgruppen validiert. Darüber hinaus muss abgeklärt werden, ob die Risiko-Assessments von Allgemeinmediziner*innen, Gynäkolog*innen, speziell geschultem Pflegepersonal oder der Frau selbst durchgeführt werden. Ebenso zu bedenken sind Schulungen für Ärzt*innen, sowie professionelle Beratungen und Aufklärungskampagnen für Frauen, um die Ergebnisse eines Risiko-Assessments und mögliche Folgen eines Screenings (z.B. Überdiagnosen) besser verstehen zu können. SW
AIHTA/ AT 2022: Risikobasiertes Brustkrebs-Screening in Österreich: Systematische Analyse der Vorhersagemodelle zur Erfassung des individuellen Brustkrebsrisikos, deren Nutzen und Anwendbarkeit im Brustkrebs-Screening Programm. HTA-Projektbericht 145. https://eprints.aihta.at/1402/.