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- Newsletter Juli/August 2020 | Nr. 189
- Editorial: Covid-19 als Chance für einen Paradigmenwechsel in der gezielten Entwicklung von Arzneimitteln
Editorial: Covid-19 als Chance für einen Paradigmenwechsel in der gezielten Entwicklung von Arzneimitteln
Anfang Mai zeigte die Europäische Kommission (EC) – in Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – Führung und organisierte eine Geberkonferenz (bei der sich die USA nicht beteiligte), um öffentliche Forschungsgelder für COVID-19-Interventionen zu sammeln. Dieser Schritt zu einer bedarfsorientierten Forschungsförderung ist richtungsweisend und wird (hoffentlich) nicht nur medizinische Erfolge, sondern auch regulatorische Effekte nach sich ziehen. Insgesamt wurden international bislang 7,4 Milliarden Euro öffentliche Forschungsgelder für Covid-19-Interventionen bereitgestellt, davon alleine 4 Milliarden aus Europa. Hier gilt es nun zu steuern: öffentliche Forschungs- und Entwicklungsförderungen werden nur mit vorab definierten Konditionen vergeben (Open Science Praktiken, lizenzfreien Verfügbarkeiten). Auch eine Re-Regulierung des Patentschutzes hat zu erfolgen. Ob Patentschutz bloß noch dazu dient eine exzessive Preispolitik zu rechtfertigen oder ob dieser tatsächlich innovationsfördernd wirkt, wird mittlerweile offen und auf höchster politischer Ebene diskutiert. Neue Modelle zur Entwicklung von Arzneimitteln werden bereits in einigen Covid-19 Initiativen gelebt – mit Zielen und Meilensteinen bei der Entwicklung und vorab festgelegten Konditionen zum Marktzugang. Über eine vollkommene Entkoppelung der Arbeitsschritte in der Wertschöpfungskette wird längst weltweit debattiert.
Die Möglichkeiten jetzt nachhaltige Zeichen zu setzen, gestalten sich mannigfaltig: Angefangen bei der Verlagerung von Forschungsprioritäten auf Public-Health relevante Themen, wo auch nicht medizinische Interventionen Beachtung finden, über rechtliche Auflagen bei öffentlicher Forschungsförderung bis hin zur Verlagerung der Produktion von wichtigen medizinischen Produkten zurück nach Europa. Allerdings ist für all diese Ansätze eine deutlich aktivere Rolle der Staatengemeinschaften bei der Entwicklung und Prüfung von Medikamenten entscheidend.
Priv. Doz. Dr. Claudia Wild, Geschäftsführerin des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA)
Policy Research Cures: https://www.policycuresresearch.org/covid-19-r-d-tracker