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- Newsletter April 2025 | Nr. 236
- Editorial: EU-HTA-Verordnung: Erste Verfahren gestartet – ein weiterer Meilenstein für HTA in Österreich
Editorial: EU-HTA-Verordnung: Erste Verfahren gestartet – ein weiterer Meilenstein für HTA in Österreich
Die systematische Bewertung von Gesundheitstechnologien hat sich in vielen EU-Ländern längst als zentraler Bestandteil evidenzbasierter Entscheidungsfindung etabliert. Dabei haben sich zunehmend internationale Kooperationen entwickelt. Auch das AIHTA blickt auf eine langjährige Beteiligung an der europäischen HTA-Zusammenarbeit zurück – beginnend mit der Mitgründung des EUnetHTA-Netzwerks im Jahr 2006 bis hin zur aktiven Mitgestaltung im Rahmen des Übergangsprojekts EUnetHTA21. Diese breite europäische Kooperation mündete schließlich in der Verordnung (EU) 2021/2282, die seit Jänner 2025 verpflichtend anzuwenden ist.
Nun wurden erste gemeinsame klinische Bewertungen für neue Krebstherapien parallel zum Zulassungsprozess der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eingeleitet. Damit rückt ein lang verfolgtes Ziel in greifbare Nähe: qualitativ hochwertige klinische Bewertungen, die auf EU-Ebene erstellt werden, bereits kurz nach der Zulassung zur Verfügung stehen und so den Mitgliedstaaten als wichtige Grundlage für nationale Erstattungsentscheidungen dienen.
Ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung der EU-HTA-Verordnung in Österreich war die Etablierung des Bewertungsboards für hochpreisige und spezialisierte Arzneimittel im intramuralen Bereich, aber auch an der Schnittstelle zwischen intra- und extramuralem Bereich. Dadurch können die europäischen klinischen Bewertungen zukünftig in Österreich gezielter verwendet werden und so den Zugang zu wirksamen und sicheren Technologien für Patient:innen sicherstellen sowie die qualitätsgesicherte Patient:innenversorgung in Krankenanstalten unterstützen.
Gleichzeitig ist die Implementierung der EU-HTA-Verordnung mit Herausforderungen verbunden. Es reicht nicht aus, nur gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen – entscheidend wird sein, wie effektiv die neuen Strukturen in der Praxis funktionieren. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der nationalen HTA-Institution, politischen Entscheidungsträgern sowie weiteren relevanten Akteuren und die frühe Einbindung medizinischer Expert:innen und Patient:innen. Bestehende Prozesse müssen angepasst, neue Mechanismen entwickelt und Synergien effizient genutzt werden, um den Mehrwert der gemeinsamen klinischen Bewertungen auf EU-Ebene in die nationale Erstattungspolitik zu übertragen, ohne dabei an Effektivität und Geschwindigkeit zu verlieren.
Der Start der ersten Verfahren zeigt: Die gemeinsame europäische und wissenschaftlich fundierte Gesundheitstechnologiebewertung ist keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität. Für Österreich bedeutet das nicht nur eine stärkere Verankerung von Evidenz und Transparenz in Entscheidungsprozessen, sondern auch die Möglichkeit, die eigene HTA-Strategie weiterzuentwickeln und aktiv mitzugestalten.
Die Weichen sind gestellt – nun liegt es an uns, die nächsten Schritte entschlossen und verantwortungsvoll zu gehen und Österreichs HTA-Landschaft zukunftsfähig auszurichten. Das AIHTA wird sich daran aktiv und tatkräftig beteiligen.
Dr. scient. med. Sabine Geiger-Gritsch – Stellvertretende Institutsleiterin am Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA)
Europäische Kommission (EC)/EU 2025: Durchführung der Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment – HTA). https://health.ec.europa.eu/health-technology-assessment/implementation-regulation-health-technology-assessment_de.