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- Newsletter Dezember/Jänner 2021/2022 | Nr. 203
- Editorial: Messung des Gesundheitszustands aus Patient*innensicht zur Verbesserung von Behandlungsentscheidungen
Editorial: Messung des Gesundheitszustands aus Patient*innensicht zur Verbesserung von Behandlungsentscheidungen
Das Health Outcomes Observatory H2O Projekt (Laufzeit 2020 bis 2025) ist ein laufendes EU-Projekt im Rahmen der Innovative Medicines Initiative (IMI) (https://health-outcomes-observatory.eu/; https://www.imi.europa.eu/projects-results/project-factsheets/h2o). Geplant ist, Outcome Daten in vier europäischen Ländern und bei drei Krankheiten zu erheben. Eine weitere Ausrollung auf mehrere Länder und Krankheiten ist nach Projektabschluss vorgesehen. Zunächst wird das Projekt aber in Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Österreich durchgeführt. Als initiale Krankheiten wurden dazu Diabetes, entzündliche Darmerkrankungen und Brust-, sowie Lungenkrebs ausgewählt.
„Wie hat sich mein Wohlbefinden in den letzten Monaten verändert? Wie stark hat sich die Müdigkeit auf den Alltag ausgewirkt? Wann haben meine Schmerzen abgenommen? Welche Nebenwirkungen von Medikamenten habe ich vor einer Woche bemerkt? Und wie haben sich meine Symptome in letzter Zeit entwickelt?“ Solche Fragen stellen sich viele Patienti*nnen mit chronischen Erkrankungen. Diese Fragen zu beantworten steht im Zentrum eines neuen EU-Projekts, bei dem die Medizinische Universität Wien gemeinsam mit Takeda eine führende Rolle innehat (1). In diesem Projekt werden Patient*innen-berichtete Outcomes erhoben und die Daten dann den Patient*innen und ihren Behandler*innen rückgemeldet. Obwohl Patient*innen-berichtete Outcomes in vielen medizinischen Bereichen immer häufiger zur Anwendung kommen und eine Verbesserung des Gesundheitszustandes aus Sicht der Patient*innen ein wichtiges Behandlungsziel ist, werden regelmäßige Messungen derzeit noch selten durchgeführt.
Durch die Erhebung und Nutzung der Daten soll der Einfluss der Patient*innen auf medizinische Entscheidungen gestärkt werden. Und das nicht nur bei medizinischen Entscheidungen, die die Patient*innen selbst betreffen, sondern auch bei der Frage, wie die Gesundheitssysteme allen Patient*innen die beste und effizienteste Versorgung bieten können. Dies orientiert sich am sogenannten ‚Value-based Care‘ Modell, bei dem der Nutzen von medizinischen Leistungen für Patient*innen im Mittelpunkt steht (2). Daher sollen im H2O Projekt die erhobenen Outcome Daten auch allen Stakeholdern, die diese benötigen, um z.B. wissenschaftliche Auswertungen durchführen oder Outcomes vergleichen zu können, um Behandlungspfade zu verbessern, zur Verfügung stehen.
Im Rahmen dieses Projektes wird Patient*innen eine App zur Verfügung gestellt, die es ihnen ermöglicht, ihre Outcome-Daten, wie z.B. den eigenen Gesundheitszustand, ihr Wohlbefinden, ihre Schmerzen oder mögliche Nebenwirkungen auf standardisierte Weise erheben zu können. So können Patient*innen mit Ärzt*innen und anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen in einer evidenzbasierten, strukturierten Weise kommunizieren. Patient*innen-berichtete Outcomes werden damit zu einem integralen Bestandteil eines Gesamtschemas zur Erhebung von Gesundheitsdaten.
Univ.-Prof. Dr. Tanja Stamm, Institut für Outcomes Research, Zentrum für Medizinische Statistik, Informatik und Intelligente Systeme, Medizinische Universität Wien
1. Stamm T, Bott N, Thwaites R, et al. Building a Value-Based Care Infrastructure in Europe: The Health Outcomes Observatory. NEJM Catalyst Innovations in Care Delivery 2021; 2(3).
2. Porter ME. What is value in health care? New England Journal of Medicine 2010; 363(26): 2477-81.