- Aktuelles
- Newsletter
- Newsletter Oktober 2020 | Nr. 191
- Editorial: Volume-Outcome Beziehung: Barmer Krankenhausreport 2020 legt Evidenz vor
Editorial: Volume-Outcome Beziehung: Barmer Krankenhausreport 2020 legt Evidenz vor
Es wurden Daten zu den folgenden Eingriffen analysiert: Adipositaschirurgie (Schlauchmagen und Magenbypass, 3.578 Patient*innen, 197 Krankenhäuser), chirurgische Behandlung des Bauchaortenaneurysmas (endovaskulär und offen chirurgisch, 4.404 Pts, 412 KH), chirurgische Behandlung von Darmkrebs (lokale Exzision und Kolon- und/oder Rektumresektion, 2.150 Pts, 940 KH), chirurgische Behandlung bei Pankreaskrebs (Pankreaslinksresektion und komplexe Pankreasoperation mit Anastomose, 2.104 Pts, 412 KH) und Wirbelsäulenoperationen (Bandscheibenoperationen und Versteifungen, 46.244 Pts, 738 KH). Als Endpunkte zur Beurteilung der Behandlungsqualität wurde die 30-Tage Sterblichkeit, die Wiedereinweisungsrate sowie der Anteil der Patient*innen mit operationsspezifischen oder allgemeinen Komplikationen definiert. Die Ergebnisse der risikoadjustierten Analysen (nach Alter, Geschlecht, Behandlungsjahr, Art der OP und Nebendiagnosen) zeigen, dass bei einigen Eingriffen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Volume und Outcome gezeigt werden konnte (Darmkrebseingriffe mit lokalen Exzisionen, komplexe Pankreaschirurgie), bei anderen aber weniger eindeutige Ergebnisse vorliegen (oder nur kleine Effekte: Adipositaschirurgie, Darmkrebseingriffe mit Kolon und/oder Rektumresektionen), kein beobachtbarer Zusammenhang (chirurgische Behandlung des Bauchaortenaneurysmas bei Mortalität, wohl aber bei spezifischen Komplikationen wie Wundheilungsstörungen aber bei hohen Fallzahlen geringer, bei Pankreaslinksresektion) oder gar ein (kleiner) negativer Zusammenhang (Wirbelsäulenchirurgie) besteht.
In jenen Indikationen mit gewissem/ deutlichem Zusammenhang geht eine verbesserte 30-Tages Sterblichkeit mit vermehrten Wiederaufnahmen einher. Hochgerechnet auf ganz Deutschland könnten bei einer Verdoppelung der jährlichen Fallzahl bei der komplexen Adipositaschirurgie in den einzelnen Kliniken 7 Todesfälle vermieden werden bei aber 71 zusätzlichen Wiederaufnahmen. Bei Darmkrebseingriffen mit lokalen Exzisionen könnten 240 Todesfälle und 600 spezifische Komplikationen vermieden werden, während bei komplexer Pankreaschirurgie 136 Todesfälle und 185 allgemeine Komplikationen vermieden werden könnten. Erstaunlich sind die Analysen der Ergebnisse von Vergleichen zwischen zertifizierten und nicht-zertifizierten Zentren: hier fand sich kaum ein Unterschied in der Behandlungsqualität. Die Analysen zeigen vor allem Eines: die Beziehung zwischen Volume-Outcome ist nicht grosso modo zu beantworten, sondern muss für einzelne Eingriffe analysiert werden. Nicht zu ignorieren ist aber, dass eine Verdoppelung von Fallzahlen, die am Ende noch an Abgeltungen gekoppelt ist, immer auch das Risiko in sich birgt, dass damit unnötige (medizinisch nicht indizierte) Eingriffe angeregt werden.
Leider ist eine derart differenzierte Diskussion in Ermangelung publizierter österreichischer Datenanalysen nicht möglich.
Priv. Doz. Dr. Claudia Wild, Geschäftsführerin der HTA Austria – AIHTA GmbH
Referenzen:
Barmer Krankenhausreport 2020, Kapitel zu Volume-Outcome im Krankenhaus von B. Augurzky, S. Decker, A. Mensen, S. Reif. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 25, https://www.barmer.de/blob/260366/d009a0b47ce8eb11cb8211411989e344/data/dl-report-komplett.pdf
LBI-HTA 2019, Mindestmengen als Qualitätssicherungskriterium in der Tageschirurgie: Grundlagen und systematische Übersichtsarbeit. HTA-Projektbericht 125, https://eprints.aihta.at/1225/1/HTA-Projektbericht_Nr.125.pdf