Telemedizinische Diabetesversorgung in Österreich: Eine systematische Analyse von Evaluierungsmethoden

Projektleitung: Gregor Goetz
Projektbearbeitung: Gregor Goetz, Viktoria Hofer, Reinhard Jeindl
Laufzeit: April 2021 bis März 2022
Sprache: Deutsch (mit englischer Zusammenfassung)
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 143: https://eprints.aihta.at/1370/
Hintergrund: Telemedizinische Anwendungen begleiten seit vielen Jahren die medizinische Versorgung schwer und chronisch kranker Menschen. Ihr Einsatz verspricht u.a. eine Reduzierung von Ambulanz- und Arztbesuchen und somit Einsparungen von finanziellen, zeitlichen und personellen Ressourcen. Dennoch fanden bisher nur wenige Anwendungen den Weg in eine Routineversorgung. Mögliche Barrieren stellen hier eine mangelnde Akzeptanz neuer Technologien bzw. die generelle digitale Gesundheitskompetenz, sowohl unter Betroffenen als auch unter medizinischen Fachpersonal, sowie die strukturelle Verfügbarkeit und technische Hürden dar. Auch bei der Überwachung von Vitalparametern von Patient*innen mit Diabetes kommt Telemonitoring schon regelmäßig zum Einsatz. Hierbei können telemedizinische Lösungen geeignete Alternativen zu den üblichen persönlichen Konsultationen im ambulanten Bereich bieten und einen ausreichenden Zugang zu einer angemessenen Diabetesversorgung ermöglichen [1, 2].
In Österreich werden vielerorts unterschiedliche Strategien zur Verbesserung der Diabetesversorgung eingesetzt. Dabei kommen auch neue telemedizinische Technologien (Telemonitoring und mHealth) zum Einsatz. Besonders nennenswert sind hier der Telegesundheitsdienst DiabCare (Tirol) und Telegesundheitsanwendung DiabMemory (Steiermark), welche eingebettet in integrierte Diabetes-Versorgungsprojekte sind [3]. Diese werden ergänzt durch weitere regionale Ansätze. Trotz der Vielzahl an telemedizinischen Diabetes-Versorgungsprojekten gibt es bisher kein österreichweit standardisiertes Evaluierungsinstrument, welches eine Projekt-übergreifende strukturierte Begleitevaluation ermöglichen würde.
Ziel und Forschungsfragen: Ziel des Projektes ist es, aufbauend auf internationaler Evidenz zu Evaluierungs-Methoden/-Instrumenten, eine Entscheidungsunterstützung inklusive eines Konzeptes für eine potentielle Ergebnismessung telemedizinisch-begleiteter Diabetes-Projekte vorzulegen. Es sollen Empfehlungen für ein gemeinsames österreichweites Outcome-Instrument ausgearbeitet werden. Folgende Forschungsfragen sollen dafür beantwortet werden:
FF1: Welche telemedizinischen Aktivitäten zur Versorgung von Patient*innen mit Diabetes gibt es in Österreich und welche Erwartungen sind mit diesen verbunden?
FF2: Welche Endpunkte bzw. Ergebnisparameter (Diabetes-spezifisch, eHealth-spezifisch, organisatorisch/ökonomisch oder generisch) wurden in Übersichtsarbeiten, Evaluierungsberichten etc. bei telemedizinisch-begleiteten Diabetes-Versorgungsprojekten in mit Österreich vergleichbaren Settings erhoben? Welche Messinstrumente wurden dafür verwendet?
FF3: Zu welchen Ergebnissen kamen die Evaluierungen von telemedizinisch begleiteten Diabetes-Versorgungsprojekten?
FF4: Welche Empfehlungen zu relevanten Endpunkten für eine überregionale österreichweite Versorgungsdatenanalyse können daraus abgeleitet werden?
Eine detaillierte Planung bzw. Durchführung einer Evaluation sowie eine Datenauswertung und Versorgungsanalyse einzelner österreichischer Projekte sind im Rahmen dieses Berichtes nicht vorgesehen.
Methoden: Zur Beantwortung der Forschungsfragen kommen folgende Methoden zum Einsatz:
FF1: Welche Überblick und Kartierung österreichischer Diabetes-Pilotprojekte mit telemedizinischer Begleitung. Zusammenfassungen der damit verbundenen Erwartungen und eventueller bereits stattgefundener Evaluierungen der Projekte.
FF2: Systematische Übersicht zu Evaluierungsmethoden von telemedizinisch-begleiteten Diabetes-Versorgungsprojekten mit Fokus auf Diabetes-spezifischen, eHealth-spezifischen und generischen Endpunkten sowie deren Messinstrumente. Hierfür kommen internationale Projekte infrage, welche in einem dem österreichischen ähnlichen Gesundheitssystem (Setting) eingebettet sind.
FF3: Systematische Übersicht zu Ergebnissen (Evidenz zu Wirksamkeit und Sicherheit) aus den zuvor identifizierten Evaluierungen telemedizinisch-begleiteter Diabetes-Versorgungsprojekten in mit Österreich vergleichbaren Settings. Anschließende kritische Bewertung der Evaluierungen (Risk of Bias) mit unterschiedlichen Tool je nach Kategorisierung der Evidenzklasse (z.B. IHE-Checkliste, ROBINS-I).
FF4: Kontrastierung der Erwartungen der österreichischen telemedizinisch-begleiteten Diabetes-Projekten mit der vorhandenen Evidenz und Ableitung von Empfehlungen für ein übergreifendes Outcome-Set bzw. eines Konzeptes für eine potentielle Ergebnismessung/Evaluierung.
Für FF1 werden in einem ersten Schritt in Zusammenarbeit und Abstimmung mit ÖGK-Trägern österreichische Diabetes-Pilotprojekte mit telemedizinischer Begleitung identifiziert. Weiter folgt, wenn nötig, eine Kontaktaufnahme mit weiteren Expert*innen und Projektverantwortlichen im Bereich der Diabetes-Telemedizin. Zusätzlich wird eine erweiterte Handsuche durchgeführt.
Für FF2, FF3 und FF4 wird eine systematische Literatursuche zu Übersichtsarbeiten und Evaluierungsberichten in mehreren Datenbanken (Medline, Embase, Cochrane Library, INAHTA-HTA, CRD etc.) durchgeführt. Diese wird ergänzt durch eine iterative Handsuche (auf Deutsch und Englisch) sowie eine Recherche nach relevanter Literatur auf den Homepages von:
- öffentlichen Public Health Institutionen (z.B. NHS, G-BA, KBV, KV, Sozialversicherungen),
- medizinischen Fachgesellschaften (z.B. AWMF, ADA, DDB) und
- HTA-, EbM-Forschungsinstitutionen (z.B. NICE, NIH, KCE, HQO).
Einschlusskriterien für die systematische Literatursuche:
Population |
Patient*innen mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 |
Intervention |
eHealth Anwendungen (Telemonitoring, mHealth) im Rahmen integrierter Versorgungsprogramme/-projekte (nicht: Präventionsprogramme, einzelne eHealth Anwendungen) |
Comparators |
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Outcomes (Endpunkte) |
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Setting |
Gesundheitssystem vergleichbar mit Österreich (z.B. Länder mit Sozialversicherungs-System) |
Studiendesign |
Einzelstudien (Beobachtungsstudien), Evaluierungsberichte, Projektberichte, etc. |
Publikationszeitraum |
2010 bis Mai 2021 |
Sprache |
Deutsch, Englisch |
Im Anschluss an die Literatur- und Informationsbeschaffung werden die erhobenen Endpunkte/ Messinstrumente, sowie die Evaluierungsergebnisse extrahiert bzw. zusammengefasst. Als Ergebnis werden eine qualitative Evidenzsynthese und ein Kompendium zu den verwendeten Evaluierungsinstrumenten vorliegen. Zusätzlich werden daraus Empfehlungen für ein Regionen-übergreifendes Evaluierungsinstrument für Österreich abgeleitet werden.
Alle Prozessschritte (Literaturauswahl, Extraktion) werden von einer Person (MW) durchgeführt und von einer zweiten Person (RJ) kontrolliert, die Ergebnisse werden einem internen und externen Review unterzogen.
Zeitplan/ Meilensteine:
Periode |
Leistungen |
April 2021 |
Scoping, Erstellen des Projektprotokolls |
Mai bis Juli 2021 |
Literaturrecherche, Literaturauswahl, Handsuche, Kontaktaufnahme mit Expert*innen und Projektverantwortlichen |
Juni bis August 2021 |
Datenextraktion, Datensynthese, Visualisierungen |
August bis Oktober 2021 |
Berichterstellung |
Oktober bis November 2021 |
Interner und externer Review, Layout, Finalisierung |
Referenzen:
[1] Aberer, F., Hochfellner, D.A. & Mader, J.K. Application of Telemedicine in Diabetes Care: The Time is Now. Diabetes Ther 12, 629–639 (2021). https://doi.org/10.1007/s13300-020-00996-7
[2] Waschkau, A., Uebel, T. & Steinhäuser, J. Diabetestherapie 2.0 – Telemedizin. Internist 60, 917–924 (2019). https://doi.org/10.1007/s00108-019-0650-3
[3] AIT Austrian Institute of Technology GmbH. Telegesundheitsdienste Tirol, Steiermark und VAEB. März 2018. URL: https://kit.ait.ac.at/wp-content/uploads/2018/06/TGD-Tirol-Steiermark-VAEB_V2.0-2018-03-30_AIT.pdf [cited: 19/04/2021]