Roboter und funktionelle Elektrostimulation zur Verbesserung der Funktionalität der oberen und unteren Extremitäten bei Patient*innen mit zentralen Insult-bedingten Lähmungen: eine systematische Übersichtsarbeit

Projektleitung: Gregor Goetz
Projektbearbeitung: Gregor Goetz
Laufzeit: April 2020 – April 2021
Sprache: Englisch (mit deutscher Zusammenfassung)
Publikation: LBI-HTA Projektbericht Nr.: 128: https://eprints.aihta.at/1302
Hintergrund:
Nach Schlaganfällen leiden Betroffene häufig unter (unvollständigen) zentralen Lähmungen (Hemiparesen). Diese Hemiparesen können sowohl die unteren als auch die oberen Extremitäten betreffen und schränken die Körperfunktionalität stark ein. Die Verbesserung des Gehens und der Alltagsaktivitäten stellen daher wesentliche Rehabilitationsziele für Patient*innen mit Insult-bedingten Hemiparesen dar [1, 2].
Robotische Exoskelette und funktionelle Elektrostimulation (FES) können vor allem ergänzend zur herkömmlichen Rehabilitation eingesetzt werden. Man verspricht sich, dass diese Verfahren die Rehabilitation von Schlaganfallpatient*innen begünstigen: Bei der Verwendung von Exoskeletten und anderen robotischen Rehabilitationsverfahren könnten Vorteile darin liegen, dass eine intensivere und häufigere (durch Steigerung der Trainingsmotivation) Therapie ermöglicht wird, die gleichzeitig den Aufwand des/der Physiotherapeut*in reduziert [3]. Zusätzlich liefern Exoskelette, etwa bei der Verwendung beim Gehtraining, Kontrollstrategien, die die Schrittbewegung nur dann unterstützen, wenn sie eine angemessene seitliche Gewichtsverlagerung erkennen. Daher ist eine aktive Beteiligung, etwa bei Schwingungsinitiierung und Fußplatzierung, des Benutzers erforderlich [4]. Bei der FES handelt es sich um eine gezielte Anwendung von elektrischer Stimulation, welche Muskelkontraktionen induziert und dabei motorische Aktivitäten im allgemeinen unterstützt [5]. Die elektrische Stimulation erfolgt während eines funktionellen Bewegungskontextes: man verspricht sich dadurch, unter anderem, eine Stärkung des Muskels und eine verbesserte Durchblutung bzw. einen verbesserten Blutfluss [5].
Der klinische Zusatznutzen von robotischen Exoskeletten und der FES bei Insult-bedingten Hemiparesen ist jedoch unklar. Daher gilt es zu klären, ob es wissenschaftliche Nachweise eines klinischen Nutzens dieser ergänzenden Rehabilitationsverfahren gibt.
Projektziel und Forschungsfragen:
Das Ziel dieses Berichts ist es, den klinischen Nutzen von Exoskeletten und der funktionellen Elektrotherapie innerhalb der Schlaganfallrehabilitation in unterschiedlichen Settings zu evaluieren. Folgende Forschungsfragen sollen beantwortet werden:
- FF1: Ist die Rehabilitation mit Exoskeletten bei Patient*innen mit Insult-bedingten zentralen Lähmungen der oberen oder unteren Extremitäten im Vergleich zur Standardrehabilitation im stationären oder ambulanten Setting hinsichtlich der Verbesserung der Aktivitäten des täglichen Lebens bzw. der Fähigkeit zum selbständigen Gehen effektiver und hinsichtlich unerwünschter Ereignisse gleich sicher?
- FF2: Ist die Rehabilitation mit der Funktionellen Elektrostimulation (FES) bei Patient*innen mit Insult-bedingten zentralen Lähmungen der oberen oder unteren Extremitäten im Vergleich zur Standardrehabilitation im stationären oder ambulanten Setting hinsichtlich der Verbesserung der Aktivitäten des täglichen Lebens bzw. der selbstständigen Gehfähigkeit effektiver und hinsichtlich unerwünschter Ereignisse gleich sicher?
Einschlusskriterien (PICO): Rehabilitation mit Exoskeletten
Population |
Patient*innen mit einer Hemiparese nach Schlaganfall |
Intervention |
Rehabilitation mit robotischen Exoskeletten Produktnamen (untere Extremitäten): Ekso GT (Ekso Bionics), HAL (Cyberdyne), ReWalk (ReWalk Robotics), Rex (RexBionics), Indego (Parker Hannifin Corp.) Produktnamen (obere Extremitäten): Armeo Power (Hocoma), Armeo Spring/T-WREX (Hocoma), products of Gloreha Rationale: Relevante Interventionen wurden anhand der Policy-Frage und einer web-basierten manuellen Suche ausgewählt und rezenten Übersichtsarbeiten [6, 7]ausgewählt |
Kontrolle |
Standardversorgung/herkömmliche Rehabilitation |
Endpunkte |
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Wirksamkeit |
Primäre Endpunkte:
Sekundäre Endpunkte:
Rationale: Relevante Endpunkte wurden auf Basis einer manuellen Suche in der COMET-Datenbank [8]und zweier Cochrane-Berichte [9, 10]ausgewählt. |
Sicherheit |
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Studiendesign |
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Wirksamkeit |
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Sicherheit |
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Settings |
Stationäre oder ambulante Versorgung |
Einschlusskriterien (PICO): Funktionelle Elektrostimulation (FES)
Population |
Patient*innen mit einer Hemiparese nach Schlaganfall |
Intervention |
Funktionelle Elektrostimulation (FES) in Kombination mit der Standardversorgung/herkömmlichen Rehabilitation Produktnamen: MyndMove System (MyndTec Inc), WalkAide (Innovative Neurotronics Inc.), N.I. (Odstock Medical), products of Bioness ® Rationale: Relevante Interventionen wurden anhand der Policy-Frage und einer web-basierten manuellen Suche ausgewählt. |
Kontrolle |
Standardversorgung/herkömmliche Rehabilitation |
Endpunkte |
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Wirksamkeit |
Primäre Endpunkte:
Sekundäre Endpunkte:
Rationale: Relevante Endpunkte wurden auf Basis einer manuellen Suche in der COMET-Datenbank [8]und einer systematischen Übersichtsarbeit [11]ausgewählt. |
Sicherheit |
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Studiendesign |
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Wirksamkeit |
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Sicherheit |
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Settings |
Stationäre oder ambulante Versorgung |
Methoden:
Systematische Übersichtsarbeit von veröffentlichten Primärstudien:
- Es wird zunächst eine systematische Literatursuche in mehreren Datenbanken (MEDLINE via Ovid, Embase, Centre for Research and Dissemination (CRD), Cochrane (CENTRAL) durchgeführt.
- Eine Handsuche in Referenzlisten rezenter anderer systematischer Übersichtsarbeiten und eine manuelle Suche auf relevanten Websites (z.B. UpToDate, exoskeletonreport.com) ergänzen die systematische Literatursuche.
Die Erstellung der systematischen Übersichtsarbeit wird in Übereinstimmung mit dem PRISMA Statement [12, 13]und dem EUnetHTA Core Model ® [14]erstellt. Alle Arbeitsschritte werden durch zwei Wissenschafter*innen (GG, MW) unabhängig voneinander durchgeführt: Studienauswahl (Abstractscreening, Volltextdurchsicht), Beurteilung des Bias-Risikos (=critical appraisal) der inkludierten Studien mit entsprechenden Tools (Cochrane Risk of Bias tool v.2 [15]bei RCTs und ROBINS-I bei nicht-randomisierten Studien [16]), Datenextraktion, qualitative Synthese der Evidenz mithilfe von GRADE (Assessing the strength of evidence using the Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation). Diskrepanzen, die nicht im Konsensus gelöst werden können, werden mit einer dritten Wissenschafterin besprochen.
Zeitplan/ Meilensteine:
Periode |
Leistungen |
April/Mai 2020 |
Scoping, Literaturrecherche, Auswahl und Beschaffung der Literatur |
Juni 2020 |
Beurteilung des Bias-Risikos (critical appraisal), Datenextraktion, Erstellung der Evidenzprofile mittels GRADE |
Juli 2020 |
Erstellung des vorläufigen Endberichts |
August 2020 |
Interner und externer Review, Publikation |
References:
[1] Dohle C., Tholen R., Wittenberg H., Quintern J., Saal S. and Stephan K. M. [Evidence-based rehabilitation of mobility after stroke]. Nervenarzt. 2016;87(10):1062-1067. Epub 2016/08/18. Evidenzbasierte Rehabilitation der Mobilität nach Schlaganfall. DOI: 10.1007/s00115-016-0188-8.
[2] Harris J. E. and Eng J. J. Goal Priorities Identified through Client-Centred Measurement in Individuals with Chronic Stroke. Physiotherapy Canada Physiotherapie Canada. 2004;56(3):171-176. DOI: 10.2310/6640.2004.00017.
[3] Hesse S., Schmidt H., Werner C. and Bardeleben A. Upper and lower extremity robotic devices for rehabilitation and for studying motor control. Curr Opin Neurol. 2003;16(6):705-710. Epub 2003/11/19. DOI: 10.1097/01.wco.0000102630.16692.38.
[4] Louie D. R. and Eng J. J. Powered robotic exoskeletons in post-stroke rehabilitation of gait: a scoping review. Journal of neuroengineering and rehabilitation. 2016;13(1):53-53. DOI: 10.1186/s12984-016-0162-5.
[5] Lynch C. and Popovic M. Functional Electrical Stimulation. Control Systems, IEEE. 2008;28:40-50. DOI: 10.1109/MCS.2007.914689.
[6] Babaiasl M., Mahdioun S. H., Jaryani P. and Yazdani M. A review of technological and clinical aspects of robot-aided rehabilitation of upper-extremity after stroke. Disabil Rehabil Assist Technol. 2016;11(4):263-280. Epub 2015/01/21. DOI: 10.3109/17483107.2014.1002539.
[7] National Institute for Health and Care Excellence. Ekso exoskeleton for rehabilitation in people with neurological weakness or paralysis. 2017 [cited 23.04.2020]. Available from: https://www.nice.org.uk/advice/mib93.
[8] Kwakkel G., Lannin N. A., Borschmann K., English C., Ali M., Churilov L., et al. Standardized measurement of sensorimotor recovery in stroke trials: Consensus-based core recommendations from the Stroke Recovery and Rehabilitation Roundtable. Int J Stroke. 2017;12(5):451-461. Epub 2017/07/13. DOI: 10.1177/1747493017711813.
[9] Mehrholz J., Pohl M., Platz T., Kugler J. and Elsner B. Electromechanical and robot?assisted arm training for improving activities of daily living, arm function, and arm muscle strength after stroke. Cochrane Database of Systematic Reviews. 2018(9). DOI: 10.1002/14651858.CD006876.pub5.
[10] Mehrholz J., Thomas S., Werner C., Kugler J., Pohl M. and Elsner B. Electromechanical?assisted training for walking after stroke. Cochrane Database of Systematic Reviews. 2017(5). DOI: 10.1002/14651858.CD006185.pub4.
[11] Eraifej J., Clark W., France B., Desando S. and Moore D. Effectiveness of upper limb functional electrical stimulation after stroke for the improvement of activities of daily living and motor function: a systematic review and meta-analysis. Syst Rev. 2017;6(1):40. Epub 2017/03/02. DOI: 10.1186/s13643-017-0435-5.
[12] Liberati A., Altman D. G., Tetzlaff J., Mulrow C., Gøtzsche P. C., Ioannidis J. P. A., et al. The PRISMA statement for reporting systematic reviews and meta-analyses of studies that evaluate health care interventions: explanation and elaboration. J Clin Epidemiol. 2009;62(10):e1-e34. DOI: https://doi.org/10.1016/j.jclinepi.2009.06.006.
[13] Moher D., Liberati A., Tetzlaff J. and Altman D. G. Preferred reporting items for systematic reviews and meta-analyses: The PRISMA statement. International Journal of Surgery. 2010;8(5):336-341. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ijsu.2010.02.007.
[14] EUnetHTA. Methodology Guidelines. 2015 [cited 01.02.2019]. Available from: https://www.eunethta.eu/methodology-guidelines/.
[15] Sterne J. A. C., Savovi? J., Page M. J., Elbers R. G., Blencowe N. S., Boutron I., et al. RoB 2: a revised tool for assessing risk of bias in randomised trials. BMJ. 2019;366:l4898. Epub 2019/08/30. DOI: 10.1136/bmj.l4898.
[16] Sterne J. A., Hernán M. A., Reeves B. C., Savovi? J., Berkman N. D., Viswanathan M., et al. ROBINS-I: a tool for assessing risk of bias in non-randomised studies of interventions. BMJ. 2016;355:i4919. Epub 2016/10/14. DOI: 10.1136/bmj.i4919.