Framework zur Unterstützung von Refundierungsentscheidungen zu digitalen Gesundheitsanwendungen (mHealth) und dessen (retrospektive) Anwendung an ausgewählten Beispielen
Projektleitung: Claudia Wild
Projektbearbeitung: Reinhard Jeindl, Claudia Wild
Laufzeit: Mai 2020 – November 2020
Sprache: Deutsch
Publikation: HTA Projektbericht No. 134: https://eprints.aihta.at/1279
Hintergrund:
Der zunehmende Einsatz digitaler Technologien [1, 2]. im Gesundheitswesen stellt Entscheidungs-träger*Innen vor neue Herausforderungen in der Evaluation dieser Applikationen. Digitale Gesundheitsanwendungen haben das Potenzial, das Monitoring und das Management von Krankheiten zu verbessern. Für die Mehrzahl der verfügbaren Gesundheits-Apps liegt bislang aber keine oder wenig Evidenz zum Nutzen vor [3, 4]. In Deutschland soll das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) Ärzt*Innen künftig das Verschreiben und die Refundierung Gesundheits-Apps ermöglichen [5]. Bereits jetzt werden erste Gesundheits-Apps als medizinische Leistung von einzelnen (deutschen, belgischen, niederländischen, aber auch österreichischen) Krankenkassen übernommen.
Bisher verfügbare Frameworks zum Assessment von digitalen Gesundheitsanwendungen umfassen häufig nicht alle Domänen eines vollen HTAs. Gleichzeitig erfordert die gründliche Evaluation einer digitalen Gesundheitsanwendung aber zusätzliche Domänen, die durch einen klassischen HTA-Bericht nicht abgedeckt sind (technologie-spezifische Aspekte wie beispielsweise Software-Updates, Fragen der Konnektivität und Kompatibilität sowie digitaler Datenschutz) [6].
Ein weiterer Faktor stellt der zunehmende Einsatz von Artificial Intelligence (AI) und Robotik in Gesundheitsanwendungen dar. Im März 2019 veröffentlichte das britische NICE (National Institute for Clinical Excellence) ein Framework, welches auch auf digitale Gesundheitsanwendungen mit AI mit fixierten Algorithmen anwendbar ist. Von diesem Framework explizit ausgenommen sind jedoch digitale Gesundheitsanwendungen die AI mit adaptiven Algorithmen (selbstlernende Algorithmen, Machine learning, die ihr Verhalten basierend auf verfügbaren Informationen kontinuierlich und automatisiert anpassen) verwenden [7]. Im November 2019 wurde von der Universität Oulu (Finnland) ein Framework zur kombinierten Bewertung von mHealth, AI und Robotik veröffentlicht, dieses beinhaltet allerdings keine ethischen, sozialen oder rechtlichen Aspekte [8].
Der Bedarf eines standardisierten Bewertungsinstruments zur transparenten Evaluation digitaler Gesundheitsanwendungen ist hoch. Nicht nur Entscheidungsträger*Innen, sondern auch Entwickler*Innen dieser Technologien und nicht zuletzt Patient*Innen können ein solches Bewertungsinstrument nutzen. Auch wenn sich digitale Gesundheitsanwendungen von konventionellen Interventionen im Gesundheitswesen unterscheiden, sollten sie dabei dieselben Evidenzanforderungen zu Nutzen, möglichen Schäden und entstehenden Kosten erfüllen.
Projektziel und Forschungsfragen:
Projektziel ist die Anwendbarkeit der bisher verfügbaren Frameworks auf digitale Gesundheitsanwendungen zu prüfen. Folgende Forschungsfragen sollen beantwortet werden:
- FF1: Welche internationalen Bewertungsinstrumente für digitale Anwendungen (Standalone Software, mHealth) gibt es, die für Refundierungsentscheidungen verwendet werden können?
- FF2: Welche digitalen Anwendungen (Standalone Software, mHealth) werden von Sozial-/Krankenversicherungen in ausgewählten Ländern bereits bezahlt?
- FF3: Welche Evidenz zum Nutzen liegt für die bereits refundierten digitalen Anwendungen vor? Welche sollte entsprechend den internationalen Bewertungsinstrumenten vorliegen?
Methode:
Zur Beantwortung der Forschungsfragen kommen folgende Methoden zum Einsatz:
- FF1: Systematische Suche nach Reviews von Bewertungsinstrumenten für digitale Anwendungen für Refundierungsentscheidungen und ggf. zu deren Evaluierung ?
- FF2: Handsuche nach bereits refundierten digitalen Anwendungen (Standalone Software, mHealth) durch „Scanning“ der Websites von digitalen Gesundheitsanwendungen sowie Websites der Sozial-/Krankenversicherungen in ausgewählten Ländern.
- FF3: Handsuche nach Nutzenbelegen der in FF2 gefundenen digitalen Gesundheitsanwendungen, Anwendung internationaler Bewertungsinstrumente
Zeitplan/Meilensteine:
Zeitraum |
Aufgabe |
Mai-Juni 2020 |
Scoping, systematische Literaturrecherche zu FF1, Auswahl und Aquisition |
Juli 2020 |
Sichtung der Literatur zu FF1, und Handsuche zu FF2 +FF3 |
August-September 2020 |
Berichterstellung, Webrecherchen zu refundierten Applikationen in ausgewählten Ländern |
Oktober 2020 |
Interner und externer Review |
Referenzen:
[1] Oh H, Rizo C, Enkin M, Jadad A, What is eHealth: A systematic Review of Published Definitions, J Med Internet Res 2005;7(1):e1, https://www.jmir.org/2005/1/e1/pdf
[2] World Health Organization (WHO), eHealth at WHO, https://www.who.int/ehealth/about/en/
[3] Lunde P, Blakstad Nilsson B, Bergland A, Jorunn Kværner K, Bye A, The Effectiveness of Smartphone Apps for Lifestyle Improvement in Noncommunicable Diseases: Systematic Review and Meta-Analyses, J Med Internet Res 2018 May 4;20(5):e162, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5960039/?report=printable
[4] Wang K, Varma DS, Prosperi M, A Systematic Review of the Effectiveness of Mobile Apps for Monitoring and Management of Mental Health Symptoms or Disorders, J Psychiatr Res 2018 Dec;107:73-78
[5] Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/digitale-versorgung-gesetz.html
[6] Moshi MR, Tooher R, Merlin T, Suitability of Current Evaluation Frameworks for Use in the Health Technology Assessment of Mobile Medical Applications: A Systematic Review, Int J Technol Assess Health Care, 2018 Jan;34(5):464-475
[7] National Institute for Health and Care Excellence (NICE), Evidence Standards Framework for Digital Health Technologies, https://www.nice.org.uk/about/what-we-do/our-programmes/evidence-standards-framework-for-digital-health-technologies
[8] Haverinen J, Keränen N, Falkenbach P, Maijala A, Kolehmainen T, Reponen J, Digi-HTA: Health technology assessment framework for digital healthcare services. FinJeHeWo, 2019;11(4), 326-341