- Aktuelles
- Newsletter
- Newsletter September 2014 | Nr. 130
- Gesundheitsökonomie in Österreich: Quo Vadis?
Gesundheitsökonomie in Österreich: Quo Vadis?
Wege zum Ziel durch Kooperationen
Wer in Österreich gesundheitsökonomische Evaluationen erstellt, findet weder verbindliche, am österreichischen Kontext orientierte Leitlinien und detaillierte Methodenhandbücher, noch öffentlich zugängliche Daten vor. Dem Thema Kostenberechnungen wird etwa in den gesundheitsökonomischen Empfehlungen im österreichischen HTA Methodenhandbuch gerade einmal eine Seite gewidmet, während andere Länder (z.B. Belgien) alleine zum Thema der Kostenberechnung von Spitalsinterventionen ein ganzes Handbuch mit genauen methodischen Hilfestellungen und Datengrundlagen erstellt haben. Außerdem stehen den WissenschafterInnen in solchen Ländern Referenzkostendatenbanken zur Verfügung, wovon Österreich weit entfernt ist.
Dabei ist das Thema auch in Österreich höchst relevant: Es soll etwa bei der Umsetzung der Zielsteuerungsverträge im Rahmen der Gesundheitsreform eine finanzielle Bewertung der Leistungsverschiebungen (z.B. von stationär in den niedergelassenen Bereich) anhand von „Verrechnungsbeiträgen“ erfolgen. Völlig offen ist jedoch, nach welcher Methode Mengen und „Preise“ berechnet werden. Es ist zu befürchten, dass individuelle ad hoc Lösungen anstatt eines standardisierten Vorgehens gewählt werden. Damit ist weder Transparenz, noch Vergleichbarkeit gegeben.
Ein Grund für dieses Manko: Es fehlt eine Anbindung des internationalen wissenschaftlichen Methodendiskurses an den österreichischen Entscheidungskontext. Das HTA-Methodenhandbuch enthält eine Zusammenfassung internationaler ökonomischer Leitlinien, aber nicht alle Ansätze, die andere Länder verwenden, seien sie aus wissenschaftlicher Sicht auch noch so spannend, sind im österreichischen Gesundheitssystemkontext möglich und sinnvoll (Stichwort Sozialversicherungssystem, Föderalismus). Außerdem haben alle Methoden ihre Limitationen, die es vor dem Systemkontext zu debattieren gilt (Stichwort QALY). Aus diesem Grund hat etwa in Deutschland das IQWIG eine eigene Methodendebatte angestoßen, in Österreich fehlt es bisher an einer solchen vollkommen. Dadurch wird bei uns das Potenzial gesundheitsökonomischer Analysen als Beitrag für mehr Effizienz und für nachhaltige Finanzierbarkeit im Gesundheitswesen bei weitem nicht ausgeschöpft.
Um diesen Diskurs voranzutreiben, startet das Ludwig Boltzmann Institut für HTA in Kooperation mit der neu gegründeten Abteilung für Gesundheitsökonomie an der medizinischen Universität Wien im September eine Veranstaltungsreihe. Internationale ExpertInnen werden eingeladen, ihre jüngsten Forschungsergebnisse im Feld der Gesundheitsökonomie zu präsentieren und vor dem österreichischen Kontext zu reflektieren.
Statt EinzelexpertInnentum brauchen wir eine aktive Vernetzung und Methodendebatte innerhalb der WissenschafterInnen, wie sie im neu gegründeten Netzwerk österreichischer GesundheitsökonomInnen gerade beginnt, aber auch mehr Auseinandersetzung zwischen WissenschafterInnen und Entscheidungsträgern.
Dr. Ingrid Zechmeister-Koss, Ressortleiterin am LBI für HTA
Fischer S, Zechmeister-Koss, I. (2014): Kosten tageschirurgischer Leistungen in Österreich: Kosten- und Datenanalyse am Beispiel Varizenoperation. Wien: Ludwig Boltzmann Institut für HTA. https://eprints.aihta.at/1035Brantegem et al. (2012): Manual for cost-based pricing of hospital interventions. HTA. Brussels: Belgian Health Care Knowledge Centre (KCE). http://kce.fgov.be/sites/default/files/page_documents/KCE_178C_manual_pricing_hospital_interventions.pdf