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- Newsletter November 2020 | Nr. 192
- Home-Treatment in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Home-Treatment in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Ein aktueller Bericht des AIHTA untersuchte internationale Home-Treatment-Modelle in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung, deren Wirksamkeit und Sicherheit, sowie Voraussetzungen zur Implementierung unter Berücksichtigung der aktuellen Versorgungssituation in Österreich. Sechs Home-Treatment-Studien, drei davon aus Deutschland, wurden für die Analyse inkludiert. Die Wirksamkeitsanalyse ergab, dass das Home-Treatment auf lange Sicht insbesondere hinsichtlich der psychopathologischen Symptome, sowie der psychosozialen Belastung der Patient*innen und deren Anpassung einer stationären Behandlung überlegen war. Im Vergleich zu anderen institutionellen Behandlungen war Home-Treatment langfristig insbesondere bei Angststörungen oder der Verbesserung der Kooperationsfähigkeit wirksamer. Darüber hinaus konnte durch Home-Treatment eine Reduktion der stationären Aufenthaltstage und eine geringere durchschnittliche Aufenthaltsdauer erzielt werden. Jedoch benötigten bis zu 80,0 Prozent der im Home-Treatment behandelten Patient*innen nach Beendigung der Behandlung Nachbetreuungen. Hinsichtlich der Behandlungszufriedenheit der Patient*innen oder Eltern lieferte die Evidenz keine eindeutigen Präferenzen für oder gegen das Home-Treatment im Vergleich zu stationärer Behandlung.
Für eine Implementierung von Home-Treatment in die österreichischen kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgungsstrukturen wären jedenfalls Funktionen und Verantwortlichkeiten für die Koordinierung zwischen Home-Treatment und anderen Versorgungsanbietern zu definieren und auf die bundesländerspezifische Versorgungssituation abzustimmen. Darüber hinaus müssten die Zielgruppe (Alter, Diagnose, etc.), die Therapieformen und die ausführenden Berufsgruppen genauer bestimmt werden. Sowohl für die koordinierende Funktion als auch die personelle Planung sind entsprechende Ressourcen abseits der reinen Therapiekosten notwendig. Ebenso wird die Klärung von Finanzierungsfragen (Kostenträger und Finanzierungsform), sowie möglicher notwendiger gesetzlicher Änderungen auf Länderebene empfohlen. Darüber hinaus sollte eine Begleitevaluation vorab geplant werden, um zukünftige evidenzbasierte Weiterentwicklungen im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu fördern. SW
AIHTA/AT 2020: Home-Treatment in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Eine Analyse zur Wirksamkeit und möglichen Implementierung in Österreich. HTA-Projektbericht Nr.: 129. https://eprints.aihta.at/1275/