Mindestmengen beim ambulanten Operieren (AO) als Kriterium für Qualitätssicherung

Projektleitung: Christoph Strohmaier
Projektbearbeitung: Christoph Strohmaier
Laufzeit: April 2019 - November 2019
Vorgeschlagen von: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (HVB)
Sprache: Englisch (mit deutscher Zusammenfassung)
Publikation: LBI-HTA Projektbericht Nr. 125: https://eprints.aihta.at/1225/
Hintergrund:
Eine große Anzahl chirurgischer Interventionen, welche ursprünglich im stationären Bereich durchgeführt wurden, können mittlerweile auch im spitalsambulanten Versorgungsbereich bzw. im tagesklinischen Bereich gemacht werden. Die British Association of Day Surgery (BADS) listet derzeit ca. 200 operative Verfahren quer durch alle Fachbereiche, welche auf tagesklinischer oder ambulanter Basis durchgeführt werden können. Ambulantes Operieren (AO) liegt dann vor, wenn die Patientin bzw. der Patient nach einer geplanten Operation am selben Kalendertag das Krankhaus verlassen kann. In Österreich sind diese chirurgischen Leistungen im LKF-Katalog für den spitalsambulanten Bereich aufgelistet.
Gründe für diese Verlagerungen sind vielfältig. Organisatorische, ethische, ökonomische und medizinische Gründe spielen dabei eine Rolle. Ein häufig angestrebtes Ziel dieser Verlagerung ist es, den Pflege- bzw. Behandlungspfad zu verbessern, bei gleichzeitiger effizienter und bedarfsorientierter Verwendung der Ressourcen. AO ermöglicht den PatientInnen, das eigene Umfeld zur Genesung zu wählen und wird mit einer kürzeren Wartezeit und einem geringeren Ausfallsrisiko des Eingriffs seitens der PatientInnen verbunden. Zusätzlich kann AO mit einer Risikoreduktion von Krankenhausinfektionen und venösen Thromboseembolien assoziiert werden. Allerdings ist für eine Verschiebung in den ambulanten tagesklinischen Bereich entscheidend, dass Bedingungen der Implementierung von ambulant durchgeführten Operationen entsprechend definiert werden und die Qualität chirurgischer Interventionen sichergestellt wird.
Ziel:
Das Ziel des Projekts ist, eine Entscheidungsunterstützung für den Kontext ambulantes Operieren bereitzustellen, indem die Evidenz und Relevanz von Mindestmengen/-fallzahlen (Minimum Volume Standards)[1] als Qualitätssicherungskriterium im Bereich des ambulanten Operieren erfasst wird.
Forschungsfragen:
-
Welche Evidenz zu Mindestmengen/Mindestfallzahlen als Qualitätssicherungskriterium für ambulant durchführbare Operationen[2] existiert in der Literatur?
- Für welche tagesklinisch und ambulant erbrachten chirurgischen Leistungen wurden Mindestmengen/-fallzahlen (Minimum Volume Standards) definiert?
- Wie gestaltet sich der regulative Rahmen der Mindestmengen für die identifizierten chirurgischen ambulanten Interventionen? Nach welchen Determinanten und Kriterien erfolgt eine Festlegung von Mindestfallzahlen?
- Können Unterschiede in den Outcomes für ambulant durchgeführte Operationen, für die Mindestfallzahlen definiert sind, und (vergleichbaren) ambulanten Operationen, für die keine Mindestmengenregulierung besteht, festgestellt werden?
- Wie sieht im Vergleich zur Literatur die tatsächliche Versorgungslage bezüglich Fallmengen in Österreich aus?
PICO: (Einschlusskriterien)
Population |
PatientInnen geeignet für AO, z.B.: nach Anästhesie-Risikoklassen (ÖGARI), nach Art der Anästhesie-Möglichkeiten (lokal, Maske), nach ASA-Klassifikation bzw. Allgemeinerkrankung/-zustand. Die geeigneten PatientInnen werden im Zuge der Literaturanalyse für die gefundenen, spezifischen Interventionen/Indikationen identifiziert. Stichwörter: ambulantes Operieren, tagesklinische Operationen, spitalsambulantes Operieren, Nulltagesaufenthalte |
Intervention |
Identifizierte chirurgische Interventionen aus der internationalen Literatur im ambulanten Setting bzw. auf tagesklinischer Basis für die Mindestmengen publiziert und implementiert sind |
Comparators |
Dieselben bzw. vergleichbare chirurgische/n Interventionen im (ambulanten Versorgungsbereich) ohne Mindestmengenimplementierung |
Outcomes |
Abhängig von den identifizierten Indikationen/Interventionen werden allgemeine gesundheitsrelevante Ergebnisse wie bspw. Morbidität, Mortalität, funktioneller Outcomes wie bspw. Funktionalität im Alltag oder am Arbeitsplatz, Lebensqualität oder Zufriedenheit berücksichtigt. Zusätzlich werden Ergebnisse spezifisch für ambulant durchführbare Interventionen betrachtet wie bspw. Häufigkeit von Krankenhausinfektionen und venösen Thromboseembolien etc. |
Setting |
Ambulante Versorgung/Tagesklinik/Nulltagesaufenthalte |
Studientyp |
Keine Studienlimitationen |
Publikationsperiode |
2000-2019 |
Sprache(n) |
Deutsch/Englisch |
Methoden:
Systematische Übersicht und Review von Mindestmengen beim ambulanten Operieren
Um die erste Forschungsfrage zu beantworten, werden wir fünf Datenbanken (Medline via Ovid, PubMed, Embase, The Cochrane Library, CRD) auf aktuelle Literatur systematisch durchsuchen. Ziel dabei ist, die verfügbare Evidenz zum Thema Mindestmengen mit Bezug auf ambulante Operationen systematisch zusammenzuführen, Interventionen zu identifizieren, für die Mindestmengen beschrieben werden und die Outcomes in jenen Fällen zu analysieren, wo Mindestmengen implementiert werden.
Zusätzlich wird eine Handsuche auf Webseiten von nationalen und internationalen Fachgesellschaften und aktuellen internationalen und nationalen Leitlinien durchgeführt.
Die Daten zu den Ergebnissen für die identifizierten Interventionen/Indikationen bzw. Interventionsgruppen werden aus der Literatur extrahiert, systematisch in Tabellen dargestellt und kategorisiert. Mögliche Kategorien sind: Jahr des Quelldokuments, Versorgungskontext (Land, Gesundheitssystem, chirurgisches Setting), Indikationen, Interventionen, Outcomes, Relevanz und Charakteristika der Mindestmengen.
Weitere in der Literatur identifizierte Qualitätsstandards (z.B. Strukturmerkmale, Anästhesie-Management) werden zusätzlich extrahiert und in einer kompakten Übersicht dargestellt.
Für die Forschungsfrage 2 werden administrative Daten ausgewertet. Hierbei wird das Leistungsgeschehen bezogen auf Regionen und Anbieter (anonymisiert) analysiert und mit den Erkenntnissen aus der Literatur kontrastiert.
Im Laufe der Berichterstellung werden KlinikerInnen konsultiert, um die klinische Realität aktiv einzubinden und die gefundene Evidenz zu den Mindestmengen in den österreichischen klinischen Kontext einzuordnen.
Zeitplan: Fertigstellung bis November 2019
Periode |
Aufgabe |
April/Mai/Juni |
Scoping und Klarstellung der Forschungsfragen |
Juni |
Literatursuche, Handsuche, Datentransfer der administrativen Daten |
Juli |
Literaturauswahl, Datenextrahierung |
Juli - September |
Analyse der Literatur und der administrativen Daten |
Oktober |
Interner Review und Externer Review |
November |
Finalisierung, Layout |
Referenzen:
List of day surgeries:
Bundesministerium Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. (2018). LKF-Katalog für den spitalsambulaten Bereich. https://www.sozialministerium.at/site/Gesundheit/Gesundheitssystem/Krankenanstalten/LKF_Modell_2018/Kataloge
BADS. (2015). BADS Directory of procedures 5th Edition. https://daysurgeryuk.net/en/shop/publications/bads-directory-of-procedures-5th-edition/
Minimum Volme Standards and Quality assurance in day surgeries:
GKV-Spitzenverbände, DKG und KBV. Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 115b SGB V Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen bei ambulanten Operationen und stationsersetzenden Eingriffen einschließlich der notwendigen Anästhesien gemäß § 115b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. 2019. Available from: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/krankenhaeuser/ambulante_krankenhausleistungen/ambulantes_operieren/aop_vertrag/KH_AOP_QS-Vereinbarung_115_b_Abs_1_011006.pdf.
Bauer H, Honselmann K, C: Minimum Volume Standards in Surgery - Are We There Yet. Visc Med 2017;33:106-116. doi: 10.1159/000456041
IQTIG (2017): Methodische Grundlagen V1.1. Stand: 15. April 2019. Berlin: Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen. URL: https://iqtig.org/dateien/dasiqtig/grundlagen/IQTIG_Methodische-Grundlagen-V1.1_barrierefrei_2019-04-15.pdf
de Cruppé, W., Malik, M., & Geraedts, M. (2015). Minimum volume standards in German hospitals: do they get along with procedure centralization? A retrospective longitudinal data analysis. BMC health services research, 15, 279. doi:10.1186/s12913-015-0944-7
Huo, Y. R., Phan, K., Morris, D. L., & Liauw, W. (2017). Systematic review and a meta-analysis of hospital and surgeon volume/outcome relationships in colorectal cancer surgery. Journal of gastrointestinal oncology, 8(3), 534–546. doi:10.21037/jgo.2017.01.25
Daniel J Quemby, Mary E Stocker. (2014). Day surgery development and practice: key factors for a successful pathway, Continuing Education in Anaesthesia Critical Care & Pain. Volume 14, Issue 6, Pages 256–261, https://doi.org/10.1093/bjaceaccp/mkt066
Rajala M. et al. (2016). The Quality of Patient Education in Day Surgery by Adult Patients. Journal of PeriAnesthesia Nursing , Volume 33 , Issue 2 , 177 - 187
Nunes, J.S., Gomes, R., Povo, A., Alves, E.C. (2018). Quality Indicators in Ambulatory Surgery: A Literature Review Comparing Portuguese and International Systems. Acta Med Port 2018 Jul-Aug;31(7-8):425-430, https://doi.org/10.20344/amp.10416
Economics and ethics:
Torjuul, K., Nordam, A., & Sørlie, V. (2005). Ethical challenges in surgery as narrated by practicing surgeons. BMC medical ethics, 6, E2. doi:10.1186/1472-6939-6-2
Moore FD. Ethical Problems Special to Surgery: Surgical Teaching, Surgical Innovation, and the Surgeon in Managed Care. (200) Arch Surg. 135(1):14–16. doi:10.1001/archsurg.135.1.14
Basques, B. A., Bitterman, A., Campbell, K. J., Haughom, B. D., Lin, J., & Lee, S. (2016). Influence of Surgeon Volume on Inpatient Complications, Cost, and Length of Stay Following Total Ankle Arthroplasty. Foot & Ankle International, 37(10), 1046–1051. https://doi.org/10.1177/1071100716664871
Al-Qurayshi Z., R. Robins, J. Buell, E. Kandil, (2016) Surgeon volume impact on outcomes and cost of adrenal surgeries, European Journal of Surgical Oncology (EJSO), Volume 42, Issue 10, Pages 1483-1490, ISSN 0748-7983, https://doi.org/10.1016/j.ejso.2016.06.392.
Al-Qurayshi Z, Robins R, Hauch A, Randolph GW, Kandil E. Association of Surgeon Volume With Outcomes and Cost Savings Following Thyroidectomy: A National Forecast. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2016;142(1):32–39. doi:10.1001/jamaoto.2015.2503
[1] Im vorliegenden Protokoll werden Mindestmengen und Mindestfallzahlen austauschbar verwendet. Ein weiterer verwendeter Begriff ist Frequenzregelung. In der englischsprachigen Literatur werden in diesem Kontext neben Minimum Volume Standards folgende Begriffe verwendet, e.g. Volume-Outcome Relationship, Surgeon Volumes, Surgical Volumes, Hospital Volumes, Case Load etc.
[2] Bezieht sich auf Mindestmengen, die auf das österreichische System übertragbar sind: spitalsambulante, tagesklinische oder im Rahmen eines 0-Tagesauftenthalts durchgeführte OPs