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- Newsletter November 2024 | Nr. 232
- Screening auf psychische Erkrankungen bei Erwachsenen in der Primärversorgung
Screening auf psychische Erkrankungen bei Erwachsenen in der Primärversorgung
Es wurden insgesamt neun systematische Reviews (SRs) und 28 Leitlinien im Zuge einer systematischen Suche eingeschlossen. Für Depression fanden vier von fünf SRs nur unzureichende Evidenz für die Wirksamkeit eines Screenings. Auch in zwei systematischen Reviews zu Angststörungen wurden keine Vorteile eines Screenings festgestellt. Für Alkohol- und Drogenkonsum konnten keine Studien zur Effektivität identifiziert werden. Die Leitlinien empfahlen dagegen größtenteils ein Screening. Bei Depressionen und Angststörungen wurde vorwiegend ein Screening von Risikogruppen (z.B. bereits bestehende körperliche chronische Erkrankungen) empfohlen, während sich die Leitlinien beim Substanzkonsum für ein bevölkerungsweites Screening aussprachen. Außerdem wurden vier unterschiedliche Screeningmethoden identifiziert: das gezielte Einsetzen von Fragebögen bei Personen mit Risikofaktoren, eine kurze Frage zum psychischen Befinden mit zusätzlichen Fragebögen bei auffälligen Antworten, das standardmäßige Verwenden von Fragebögen bei allen Patient*innen sowie das Testen biologischer Marker. In der eingeschlossenen Literatur wurden insgesamt 105 Screening-Fragebögen identifiziert. Siebzehn davon erfüllten die Einschlusskriterien und wurden detailliert anhand ihrer Merkmale beschrieben, u.a. in Bezug auf die benötigte Zeit, Kosten, Sensitivität und Spezifizität.
Für die potenzielle Implementierung eines Screenings auf psychische Erkrankungen in Österreich wurden wichtige Voraussetzungen beschrieben. Dazu zählen die Definition einer Zielpopulation, klare Screening- und Behandlungspfade, die Wahl geeigneter Screeningmethoden und -tests, die Schulung des Gesundheitspersonals, die Sicherstellung einer diagnostischen Abklärung nach positivem Screeningergebnis sowie die Bereitstellung von Therapieangeboten. Da ein Screening auch Schäden wie Überdiagnostik oder unnötige Untersuchungen mit sich bringen kann, sollten der potenzielle Nutzen und Schaden sorgfältig abgewogen werden. Zudem sollten auch alternative Strategien zur Verbesserung der Versorgung psychischer Erkrankungen – etwa ausreichend öffentlich finanzierte Behandlungsmöglichkeiten oder Maßnahmen zur Entstigmatisierung – in Betracht gezogen werden. JK
AIHTA/ AT 2024: Screening der psychischen Gesundheit von Erwachsenen in der Primärversorgung.HTA-Projektbericht Nr.: 159. https://eprints.aihta.at/1544/