Verschwendung im Gesundheitswesen

Das EHCFN/ European Health Care Fraud & Corruption Network wurde 2005 gegründet und befasst sich mit der Prävention, Erkennung und Bekämpfung von Betrug, Korruption und Verschwendung im Gesundheitswesen. Der Begriff Verschwendung („Waste“) wurde erst vor zwei Jahren in die Titel aufgenommen. Eine Verschränkung mit HTA und EbM zur Identifikation von Über- und Fehlversorgung wurde damit programmatisch festgelegt.

Zum besseren Verständnis der Kategorien von Verschwendung (als Überbegriff für „verlorene“ Ressourcen im Gesundheitswesen), aber auch zur Vereinheitlichung des internationalen Austausches und zum Benchmarking zum Thema wurden in einer kleinen Arbeitsgruppe des  EHCFN zunächst generische Definitionen entwickelt. Demnach ist ein Fehler (error), ein unbeabsichtigter Verstoß gegen eine Regel oder eine Richtlinie, bei dem ein Vorteil jeglicher Art zu Unrecht erhalten wird. Ein Missbrauch (abuse) ist dagegen, die wissentliche Auslegung einer Regel oder eine Richtlinie, aber auch das Ausnutzen der Abwesenheit von Regeln, um einen Vorteil zu erlangen. Betrug (fraud) ist ein beabsichtiger Regelverstoß. Korruption (corruption) ist letztendlich Machtmissbrauch unter Beteiligung Dritter zum eigenen Vorteil.

Einige Beispiele: Fehlerhafte Abrechnungen können irrtümlich (z.B. falsche Codierung einer Leistung) oder wissentlich missbräuchlich stattfinden. Ein bewusstes „upgraden“ (ein kleiner chirurgischer Eingriff wird als großer verrechnet) ist bereits Betrug. Die Erbringung einer Leistung unter „kickback“ Zahlungen (Geldrückflüsse als Belohnung für die Erbringung einer Leistung wie z.B. die Verwendung spezieller Implantate oder für die Überweisung von PatientInnen durch KollegInnen) ist  Korruption. HTA kommt nun dort mit ihrer Methodik zur „best verfügbaren Evidenz“ ins Spiel, wo irrtümlich, missbräuchlich, betrügerisch oder korruptiv gegen die verfügbare Evidenz agiert wird. Als Beispiel dienen etwa der unangemessen häufige Einsatz (und die Verrechnung) von teuren Technologien und Leistungen (z.B. tägliche Lungenfunktionstests oder jährliche Koloskopien oder Medikamente in einer nicht-indizierten Frequenz oder bei nicht der Zulassungsindikation entsprechenden PatientInnen).

Neben der Typologie (http://hta.lbg.ac.at/uploads/tableTool/UllCmsPage/gallery/EHFCN_WasteTypology.pdf) der möglichen Kategorien von Verschwendung befasst sie das EHFC-Network aber auch mit Methoden der Identifikation von Verschwendung und der möglichen Interventionen gegen Verschwendung: Information, Warnung, Beobachtung und Kontrolle, Adaptierung und Präzisierung von Regeln, die missbräuchlich ausgelegt werden, bis hin zu Rückerstattungsforderungen, disziplinären Sanktionen und Anzeigen bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Die jährlichen Konferenzen des EHFC-Network dienen dem Austausch zu Strategien, methodischem Vorgehen, Erfolgen und Misserfolgen im Vorgehen gegen Betrug, Korruption und Verschwendung. Die nächste Konferenz findet am 6./7. November 2015 in Den Haag/ Niederlande statt. Die Konferenzinhalte werden in den nächsten Wochen auf http://www.ehfcn.org/ zu finden sein.

PD Dr. Claudia Wild, Institutsleiterin des LBI-HTA