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- Newsletter Mai 2018 | Nr. 167
- Vollständige Genomsequenzierung in der klinischen Praxis
Vollständige Genomsequenzierung in der klinischen Praxis
Mithilfe des WGS ist es nun möglich, die gesamte Genomstruktur einer Person – bestehend aus ~20.500 Genen – zu entschlüsseln. Dies hat vor allem Auswirkungen auf die Diagnose und die Behandlung von Krankheiten sowie in der Prävention potenzieller Erkrankungen. Darüber hinaus hätten die PatientInnen auch Zugang zu ihren Genomdaten. Laut KCE sind die Kosten einer WGS mit jenen der klassischen Gentests vergleichbar und belaufen sich auf 1.400 bis 4.400 Euro. Die Einführung des WGS wirft jedoch eine Reihe von ethischen, ökonomischen und organisatorischen Fragen auf – beispielsweise die Entscheidung, ob und in welcher Form die Resultate der genetischen Untersuchung weitergegeben werden. Diese Entscheidung soll in jedem Fall vor der Durchführung eines WGS nach einem umfassenden Aufklärungsgespräch und mittels eines expliziten Einwilligungsverfahrens zwischen PatientIn und ÄrztIn getroffen werden.
Darüber hinaus werden auch immer mehr medizinische Disziplinen involviert sein – beispielsweise Tests in der Schwangerschaft oder auch KardiologInnen und NeurologInnen könnten vermehrt WGS-Analysen durchführen. Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Kontrolle über die Qualität, Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten. Ein WGS generiert eine beträchtliche Anzahl an Daten (zwischen 100 und 500 GB pro Probe), welche strengen Sicherheitsauflagen unterliegen müssen und eine enorme Speicherkapazität benötigen. Darüber hinaus wird die groß angelegte Einführung von WGS möglicherweise zur Identifizierung neuer genetischer Varianten und genetischer Erkenntnisse im Allgemeinen führen. Eine zentrale, hochsichere Datenbank in Belgien, aber auch auf internationaler Ebene, wäre eine wesentliche Voraussetzung für alle ForscherInnen, ÄrztInnen und PatientInnen.
Die AutorInnen kommen zu dem Schluss, dass die Einführung des WGS in das belgische Gesundheitssystem zahlreiche und komplexe Fragen aufwirft. Aus diesem Grund empfiehlt das KCE mit großer Vorsicht vorzugehen, insbesondere da erhebliche finanzielle und ethische Herausforderungen damit einhergehen. Idealerweise sollte mit einem Pilotprojekt begonnen werden, um jegliche Probleme mit den jeweiligen AkteurInnen beheben zu können und um mögliche Lösungen vor einer endgültigen Entscheidung über den Einsatz dieser Technologie zu testen und zu quantifizieren. KR
KCE/ BE 2018: The use of whole genome sequencing in clinical practice: challenges and organisational considerations for Belgium. KCE Reports 300. https://kce.fgov.be/sites/default/files/atoms/files/KCE_300_Whole_genome_Sequencing_Report_1.pdf