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- Newsletter Dezember/Jänner 2024/2025 | Nr. 233
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Schwellenwerte in gesundheitsökonomischen Evaluationen und Erstattungsentscheidungen
Der ICER-Schwellenwert (Inkrementeller Kosten-Effektivitäts-Verhältnis-Schwellenwert), basierend auf dem Konzept der Opportunitätskosten und gesellschaftlicher Zahlungsbereitschaft, dient als zentraler Referenzwert zur Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses medizinischer Interventionen. Eine Analyse von Fachliteratur, Leitlinien und Expert*innenwissen identifizierte 24 Länder, die Schwellenwerte für Ressourcenallokation und in Erstattungsentscheidungen nutzen. Davon nutzen sieben Länder explizite und 17 implizite Schwellenwerte, die zwischen 4.000 und 50.000 Euro pro qualitätskorrigiertem Lebensjahr (QALY) variieren und im Durchschnitt bei 28.500 Euro liegen. Die Schwellenwerte werden mithilfe unterschiedlicher methodischer Ansätze ermittelt, darunter empirische Methoden, BIP-basierte Kalkulationen, gesellschaftliche Zahlungsbereitschaft und Effizienzgrenzen. Eine empirische Analyse zeigte eine schwache, umgekehrt U-förmige Beziehung zwischen gesunder Lebenserwartung und Schwellenwerten. Zudem nutzen 15 Länder zusätzliche Modifikatoren, die z. B. den Schweregrad oder seltene Erkrankungen berücksichtigen.
Für Österreich sieht der Bericht Entwicklungsbedarf: Obwohl gesetzliche Grundlagen Wirtschaftlichkeitskriterien vorsehen, mangelt es an konkreten Schwellenwerten und definierten Effizienzkonzepten. Das AIHTA empfiehlt die Entwicklung gesundheitsökonomischer Leitlinien, den Aufbau von Bewertungsmethoden und die Harmonisierung der Terminologie. Die Einführung von Schwellenwerten könnte die Transparenz und Effizienz steigern, muss aber an den österreichischen Kontext angepasst werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind daher begleitende Maßnahmen wie methodische Forschung, Expertise-Aufbau und die Entwicklung transparenter Entscheidungsprozesse erforderlich. Die konkrete Ausgestaltung erfordert letztlich eine politische Entscheidung, die verschiedene methodische Optionen und deren Implikationen sorgfältig abwägen muss. CS
AIHTA/AT 2024: Schwellenwerte in gesundheitsökonomischen Evaluationen und Erstattungsentscheidungen. HTA-Projektbericht 163. https://eprints.aihta.at/1549/.