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CAR-T-Zelltherapie: Aktualisierte Wirksamkeits- und Sicherheitsergebnisse aus Real-World-Evidenz: Ein systematischer Review
Die CAR-T-Zelltherapie, eine personalisierte Immuntherapie für bestimmte Blutkrebserkrankungen, gewinnt weltweit an Relevanz. Diese Analyse von 26 Studien mit 2.716 Patient:innen zu sechs EMA-zugelassenen Produkten zeigt, dass die Ergebnisse unter Alltagsbedingungen weitgehend mit jenen aus Zulassungsstudien vergleichbar sind und auf einen möglichen Vorteil gegenüber herkömmlichen Therapien hinweisen. Aufgrund methodischer Einschränkungen und eines hohen Verzerrungsrisikos bleiben Aussagen zur Wirksamkeit und Sicherheit jedoch begrenzt. Längere Nachbeobachtungen und neue Indikationen erweitern die Evidenz, zeigen aber den Bedarf an robusteren Studien.
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 166: https://eprints.aihta.at/1562/
Kontakt: Ingrid Zechmeister-Koss
Teprotumumab (TEPEZZA®) für die Behandlung der moderaten bis schweren endokrinen Orbitopathie
Teprotumumab (TEPEZZA®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen den Wachstumsfaktor-1-Rezeptor (IGF-1R), der dessen Aktivierung und Signaltransduktion inhibiert. Dieser Mechanismus führt zu einer Reduktion der Symptomatik bei moderater bis schwerer endokriner Orbitopathie (thyroid eye disease, TED), welche durch Lidretraktion, Weichteilbeteiligung, Exophthalmus, oder Diplopie gekennzeichnet ist. Derzeit befindet sich Teprotumumab (TEPEZZA®) im Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Die Zulassung durch die Europäische Kommission wird für Juli 2025 erwartet. Im Vergleich zu Placebo zeigte die Evaluierung von Teprotumumab in drei klinischen Studien und einer Beobachtungsstudie eine signifikante Verbesserung des Exophthalmus, des klinischen Aktivitätsscores (Clinical Activity Score, CAS) und der Lebensqualität. Als häufigste unerwünschte Ereignisse wurden Muskelkrämpfe, Haarausfall, Übelkeit und Müdigkeit genannt, sowie das Auftreten von (teils irreversiblen) Hörschäden bei 12-15% der Teprotumumab-Patient:innen. Hinsichtlich der langfristigen Wirksamkeit wurden Reaktivierungsraten von 26% bis 29% und eine Rückfallrate von 65,4% beschrieben. Die vorhandene Evidenz ist limitiert, da die Wirksamkeit von Teprotumumab bislang ausschließlich mit Placebo und nicht mit der Standardtherapie verglichen wurde.
Publikation: Decision Support Document for the Austrian Appraisal Board No. 003: https://eprints.aihta.at/1560/
Kontakt : AIHTA Bewertungsboard Team: bewertungsboard@aihta.at
Fidanacogene elaparvovec (BEQVEZ®) bei schwerer und mittelschwerer Hämophilie B
Fidanacogene elaparvovec (BEQVEZ®) erhielt am 24. Juli 2024 von der Europäischen Kommission eine bedingte Marktzulassung für die Behandlung von schwerer und mittelschwerer Hämophilie B. Es ist die zweite in Europa zugelassene Gentherapie für diese Erkrankung und wird als Advanced Therapy Medicinal Product (ATMP) klassifiziert. Diese Gentherapie ist für Erwachsene ohne Vorgeschichte von Faktor-IX-Inhibitoren und ohne nachweisbare Antikörper gegen AAVRh74var zugelassen. Sie wird als einmalige intravenöse Infusion verabreicht und schleust mithilfe eines Virus-Trägers das funktionierende Gerinnungsfaktor-IX-Gen in die Leberzellen ein, wo es kontinuierlich den fehlenden Faktor produziert.
Fidanacogene elaparvovec zeigte in einer einarmigen Phase-3-Studie (BENEGENE-2, n=45) eine 71%ige Reduktion der jährlichen Blutungsrate im Vergleich zur vorherigen FIX-Prophylaxe. Die Wirkung blieb bis zu 48 Monate erhalten. Bei 84% der behandelten Patient*innen traten Nebenwirkungen auf, davon erlebten 16% schwerwiegende Reaktionen. Die häufigste Nebenwirkung war ein erhöhter Aminotransferase-Spiegel (53%). Methodische Einschränkungen der Studie umfassen die kurze Nachbeobachtungszeit, das Fehlen einer Kontrollgruppe und Änderungen des primären Endpunkts. Da die Therapie nur einmalig intravenös verabreicht wird, äußern sich befragte Patient*innen optimistisch über die reduzierte Behandlungslast und die verbesserte Lebensqualität, die sich aus einer vereinfachten Therapieform und Behandlungsfreiheit ergeben kann. Gleichzeitig sind die Patient*innen besorgt über die Ungewissheit hinsichtlich der langfristigen Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen. Somit wird empfohlen, dass die Patient*innen die Infusion in spezialisierten Zentren mit anschließender Überwachung in lokalen Einrichtungen erhalten. Zudem wird eine verpflichtende Nachbeobachtung aller behandelten Patient*innen als notwendig erachtet.
In Österreich wurden im Jahr 2024 130 Patient*innen von der Österreichischen Hämophilie Gesellschaft (ÖHR) gemeldet. Davon waren 22.3% von der mittelschweren und 24.6% von der schweren Hämophilie betroffen. Derzeit ist in Europa noch kein Preis für Fidanacogene elaparvovec verfügbar, daher basierte die Berechnung der Budgetfolgenanalyse (Budget-Impact-Analyse, BIA) auf einem vorläufigen Preis von 3,4 Millionen Euro pro Verabreichung. Unter der Annahme, dass neun Patient*innen die Therapie mit einer steigenden Aufnahme über drei Jah-re erhalten (Jahr 1: 20%, Jahr 2: 30%, Jahr 3: 50%), würde sich die gesamte dreijährige Budgetauswirkung auf etwa 41 Millionen Euro belaufen. Dies entspricht einer 3-fachen Steigerung im Vergleich zur derzeitigen Behandlung. Langfristig (nach etwa 12 Jahren) könnten die Kosten durch den Wegfall der Prophylaxe ausgeglichen werden.
Publikation: Decision Support Document for the Austrian Appraisal Board No. 002: https://eprints.aihta.at/1558/
Kontakt: Sarah Wolf
Exagamglogene autotemcel (Exa-cel, Casgevy®) zur Behandlung von Beta-Thalassämie und schwerer Sichelzellkrankheit
Exagamglogene autotemcel (Exa-cel, Casgevy®) ist die erste CRISPR (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats)-basierte Therapie, die am 9. Februar 2024 von der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) eine bedingte Marktzulassung erhielt. Das von Vertex Pharmaceuticals vertriebene Medikament ist als "Advanced Therapy Medicinal Product" (ATMP) klassifiziert und hat für zwei Indikationen den Status eines Orphan Drugs erhalten. Die Zulassung umfasst die Behandlung der transfusionsabhängigen ß-Thalassämie (transfusion-dependent ß-thalassemia, TDT) und der schweren Form der Sichelzellkrankheit (sickle cell disease, SCD) bei Patient*innen ab zwölf Jahren, die grundsätzlich für eine hämatopoetische Stammzelltransplantation geeignet wären, jedoch keinen Humanes Leukozyten-Antigen (HLA)-kompatiblen verwandten Spender zur Verfügung haben.
Die bisherigen (zwei ein-armigen) Studien zeigen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden beim Großteil der behandelten Patient*innen. Bei der Beta-Thalassämie benötigten 32 von 35 Personen nach der Therapie keine Bluttransfusionen mehr. Bei der Sichelzellkrankheit hatten 29 von 30 Patient*innen keine schweren Schmerzkrisen mehr. Diese Verbesserungen hielten bei beiden Erkrankungen mindestens ein bis zwei Jahre an. Die Lebensqualität der Patient*innen konnte dadurch spürbar verbessert werden. Langfristige Erfahrungen liegen bisher nicht vor.
Publikation: Decision Support Document for the Austrian Appraisal Board No. 001:
https://eprints.aihta.at/1548/
Kontakt : Nicole Grössmann-Waniek
ASSESS-DHT: Telehealth in Diabetes: EU-Mapping und systematische Auswertung organisatorischer Aspekte
Die globale Prävalenz von Diabetes mellitus steigt kontinuierlich an, wobei Typ-2-Diabetes-Mellitus (T2DM) mit etwa 90 % den Hauptanteil ausmacht. Regelmäßige ärztliche Kontrollen, eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität sowie Gewichtsmanagement sind grundlegende Bestandteile für ein erfolgreiches Management von T2DM. Telemedizinische Interventionen gewinnen dabei sowohl für das Selbstmanagement als auch bei der Behandlung von Menschen mit Diabetes an Bedeutung.
Der vorliegende Bericht analysiert implementierte sowie pilotierte Telemedizin-Programme für Diabetes in europäischen Ländern. Der Fokus liegt dabei auf der Beschreibung organisatorischer Aspekte.
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 161: https://eprints.aihta.at/1555/
Kontakt: Yui Hidaka
Horizon Scanning in der Onkologie - Fact Sheets
Wir freuen uns fünf neue Fact Sheets vorstellen zu dürfen.
Fact Sheet Nr. 191 (September 2024)
Daratumumab (Darzalex®) with bortezomib, lenalidomide and dexamethasone for the treatment of newly diagnosed multiple myeloma (MM)
Fact Sheet Nr. 192 (September 2024)
Serplulimab (Hetronifly®) with carboplatin and etoposide for the first?line treatment of extensive?stage small cell lung cancer (ES-SCLC)
Fact Sheet Nr. 193 (September 2024)
Mirvetuximab soravtansine (Elahere®) for the treatment of adults with folate receptor-alpha (FR?) positive epithelial ovarian, fallopian tube and primary peritoneal cancer
Fact Sheet Nr. 194 (September 2024)
Pembrolizumab (Keytruda®) with chemoradiotherapy (CRT) for the treatment of FIGO 2014 Stage III - IVA locally advanced cervical cancer
Fact Sheet Nr. 195 (September 2024)
Pembrolizumab (Keytruda®) for the treatment of adults with endometrial carcinoma
Schwellenwerte in gesundheitsökonomischen Evaluationen und Erstattungsentscheidungen
Gesundheitssysteme weltweit stehen vor der Herausforderung, durch ihre Entscheidungen die Ressourcenallokation zu optimieren und den gesundheitlichen Nutzen zu maximieren.
Dieser Bericht untersucht, wie Gesundheitssysteme mittels Kosten-Effektivitäts-Schwellenwerten die Ressourcenallokation gestalten. Durch die Analyse von Literatur, Strategiedokumenten und gesundheitsökonomischen Leitlinien verschiedener Länder erforscht der Bericht theoretische Grundlagen und praktische Anwendungen dieser Schwellenwerte. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede in der Umsetzung der Schwellenwerte zwischen den Ländern und verdeutlichen wichtige Zusammenhänge zwischen den Schwellenwerten und den Outcomes der Gesundheitssysteme. Der Bericht identifiziert auch zentrale Faktoren für die Implementierung und bietet Einblicke, wie die Einführung von Schwellenwerten - angepasst an nationale Gegebenheiten - die Transparenz und Effizienz von Gesundheitssystemen verbessern kann.
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 163: https://eprints.aihta.at/1549/
Kontakt: Christoph Strohmaier
Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsversorgung mit Schwerpunkt auf Krankenhäusern: Methodische Überlegungen für Health Technology Assessment. Ein Scoping Review
Artificial Intelligence (AI) in healthcare comprises machine-based systems designed to imitate human cognitive abilities and is increasingly important in digital health technologies. An analysis of 51 Health Technology Assessment (HTA) institutions revealed that 13 institutions published a total of five methodological documents and 30 HTA reports, primarily focusing on diagnostic and screening applications (27/30), which mainly serve as support tools and require medical personnel decision-making.
The analysis shows that standard HTA methods can serve as a starting point for evaluation, but AI-specific considerations are required for technical, ethical, and organisational aspects as well as implementation monitoring. The latter is particularly important as algorithms can change and need regular evaluation. Regulatory compliance requires adherence to the EU AI Act, Medical Device Regulation and General Data Protection Regulation. A mature digital infrastructure with high interoperability is considered a fundamental prerequisite for successful implementation.
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 164: https://eprints.aihta.at/1546/
Kontakt: Michaela Riegelnegg
Strategien zur Reduktion von Gewichtsstigmatisierung bei Personen mit Übergewicht oder Adipositas im Gesundheitswesen
Jede zweite Person mit Übergewicht oder Adipositas ist generell von Stigmatisierung aufgrund des eignen Körpergewichts betroffen. Der Gesundheitssektor wird dabei als häufigste Ursache genannt. Folglich kann es für die betroffenen Patient*innen zu falschen oder fehlenden Diagnosen und Therapien, Vermeidung von Untersuchungen, sowie gesundheitlichen Konsequenzen wie eine weitere Gewichtszunahme kommen. Auf Basis einer systematischen Literatursuche wurde eine Reihe von leitlinienbasierten Empfehlungen zur Reduktion von Gewichtsstigmatisierung bei Personen mit Übergewicht oder Adipositas im Gesundheitswesen identifiziert. Zudem wurde die vorhandene Evidenz zu untersuchten Interventionen analysiert.
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 160: https://eprints.aihta.at/1547/
Kontakt: Sarah Wolf
Onkologische Brustkrebsversorgung in ausgewählten europäischen Ländern – Sektorübergreifende Versorgungsmodelle
Die steigende Inzidenz und Prävalenz von Krebserkrankungen, insbesondere Brustkrebs, stellt das österreichische Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Die vorwiegend krankenhauszentrierte Versorgung führt dabei zu steigenden Kosten und ineffizienter Ressourcennutzung.
Um alternative Versorgungsmodelle zu identifizieren, wurden mittels strukturierter Literaturrecherche, Expert*innenbefragungen (n=17) und Datenanalyse Krebsversorgungsmodelle in sechs europäischen Ländern (Österreich [AT], Deutschland [DE], Dänemark [DK], Schweden [SE], Niederlande [NL], Belgien [BE]) verglichen, wobei der Fokus auf der Brustkrebsversorgung lag. Die Analyse der Gesundheitsinfrastrukturen und sektorübergreifenden Versorgungsansätze entlang der "Patient Journey" zeigte drei Hauptmodelle: Zentralisierte Fachärzt*innenmodelle (AT, BE, DK) mit hochspezialisierten Zentren, dezentralisierte Versorgung (DE) mit verteilter Krankenhausstruktur im extra- und intramuralen Bereich sowie netzwerkbasierte integrierte Versorgung (NL, SE) als Kombination aus spezialisierten Zentren und regionaler Versorgung. Diese unterscheiden sich deutlich in der Nutzung stationärer, ambulanter und häuslicher Versorgungsangebote. Die Modelle weisen zwar unterschiedliche Grade der Zentralisierung und Spezialisierung auf, zielen aber alle durch Regulierung, Akkreditierung und Zusammenarbeit auf eine hochwertige Versorgung ab, wobei die Länder basierend auf ihrer nationalen Krebsstrategie und Gesundheitsinfrastruktur Elemente verschiedener Modelle kombinieren.
Für Österreich könnte ein schrittweiser Übergang zu einem stärker dezentralisierten oder netzwerkbasierten Modell den Druck auf Krankenhausressourcen reduzieren und die Versorgungsqualität verbessern. Dies erfordert jedoch entsprechende Infrastruktur, qualifiziertes Personal und effektive sektorübergreifende Koordination, wobei der Fachkräftemangel und die fragmentierte Datenintegration zentrale Herausforderungen darstellen.
Publikation: HTA Projektbericht Nr. 162: https://eprints.aihta.at/1545/
Kontakt: Nicole Grössmann-Waniek