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- Newsletter September 2024 | Nr. 230
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Technologien zur Hochdurchsatz-Analyse genetisch-genomischer Datensätze mittels massiv-paralleler Sequenzierung
Die massiv-parallele Sequenzierung ermöglicht die gleichzeitige Analyse umfangreicher genetischer Sequenzen und eine Erfassung zahlreicher Einzelsequenzen bei hohem Durchsatz. Zu den möglichen Anwendungsgebieten zählen die genetische Diagnostik (Genomsequenzierung, Exomsequenzierung, Gen-Panel-Diagnostik), die Tumordiagnostik und Krebsgenomik (Tumorprofiling, Tumormutationslast, Liquid Biopsy), die Transkriptomik (RNA-Sequencing, single-cell RNA-Sequencing), die Epigenomik (DNA-Methylierungsanalyse, ATAC-Seq), die Pathogendetektion, die Mikrobiomanalyse, die Pharmakogenetik, die Populationsgenetik und die nicht-invasive Pränataldiagnostik. Nachteile sind die großen Datenmengen, die eine entsprechende Infrastruktur zur Speicherung und Analyse erfordern, sowie hohe Geräte- und Analysenkosten. Die größte Herausforderung bleibt allerdings die korrekte Interpretation der Varianten und deren Zuordnung zu klinischen Fragestellungen. Zusätzlich sind ethische und ökonomische Aspekte zu beachten, etwa der Umgang mit unklaren Ergebnissen und genetischen Dispositionen, sowie mögliche Zusatz- oder Zufallsbefunde (incidental findings), die zu höheren Kosten und weiteren Untersuchungen führen können. Gleichzeitig können durch die Erfassung wichtiger Krankheitsrisiken Früherkennungs- und Vorsorgemaßnahmen eingeleitet werden.
In Österreich wird die medizinisch-genetische Versorgung primär von den Zentren für medizinische Genetik (ZMG) erbracht, die Kosten für alle medizinisch indizierten genetischen Analysen im ambulanten Bereich werden von den Sozialversicherungsträgern übernommen. In Deutschland soll das von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Modellvorhaben Genomsequenzierung dazu beitragen, genetische Veränderungen bei Personen mit seltenen Erkrankungen oder Krebserkrankungen zu identifizieren. In anderen Ländern, wie Frankreich, den USA oder Belgien, werden die Kosten für einige NGS-basierte Tests in der Diagnostik verschiedener Erkrankungen bzw. in der Pharmakogenetik erstattet. Auch wenn die Implementierung der massiv-parallelen Sequenzierung mit Herausforderungen verbunden ist, werden diese Verfahren in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und auch abseits der Forschung in der Routineversorgung zunehmend zur Anwendung kommen. Dabei darf ein kritischer Blick zum tatsächlichen Nutzen für Patient*innen jedoch nicht vernachlässigt werden. JM
AIHTA/AT 2024: Massiv-parallele Sequenzierung – Technologien zur Hochdurchsatz-Analyse genetisch-genomischer Datensätze. Rapid Review Nr.: 015. https://eprints.aihta.at/1536/.